Strategic Mind: Spirit of Liberty
Wir schreiben das Jahr 1939. In der Nacht vom 23. auf den 24. August 1939 schließen Deutschland und die damalige Sowjetunion einen Nichtangriffspakt (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 2019). Dieser Pakt stellt die Weichen für die „Umgestaltung“ Europas und den Anfang des Zweiten Weltkriegs. Denn schon am ersten September marschiert Deutschland in Westpolen ein (ebd.). Kurze Zeit später am 17. September führt Stalin seine Rote Armee nach Ostpolen und verleibt sich diese Region in sein Staatsgebiet ein (ebd.) Aufgrund der geografischen Lage, den immer wieder kriselnden Bedingungen zum Nachbarstaat Finnland und dessen Nähe zu einer der größten Städte Leningrad, sieht sich die Sowjetunion von Finnland bedroht (vgl. Clausewitz Heft 01/2022). Hinzu kommt die sichtlich schlechte militärische Lage Finnlands und der Ausblick auf die marine Vormachtstellung in der Ostsee, dass die Sowjetunion nach dem Einfall in Polen nun auf Finnland schielt (ebd.). Zuvor versucht es Josef Stalin noch, mit Verhandlungen an große Teile Finnlands zu gelangen. Nachdem die finnische Regierung die Abtretung der besagten Gebiete ablehnt, fällt die Rote Armee Ende November 1939 in Karelien – eine Region in Südostfinnland – ein (ebd.). Der russisch-finnische Krieg geht dabei in die Geschichte ein, da es das finnische Militär trotz stark eingeschränkter Mittel zu Beginn schafft, die Rote Armee zurückzuschlagen und ihnen große Verluste beizubringen (ebd.).
Diesen Konflikt kann man im neuen rundenbasierten Strategiespiel „Strategic Mind: Spirit of Liberty“ von „Starni Games“ nachspielen. Wir schlüpfen in die Rolle von Generalleutnant Karl Lennart Oesch (1892-1978), welcher unter dem Oberbefehlshaber Carl Emil Gustaf Mannerheim die sowjetischen Invasoren abwehren soll. Alle Charaktere im Spiel gab es zur damaligen Zeit wirklich und waren auch Teil des Winterkriegs 1939/1940. Historisch gesehen sammelt „Strategic Mind: Spirit of Liberty“ also einige Pluspunkte.
Nicht nur auf geschichtlicher Ebene kann das Spiel punkten, sondern auch auf spielerischer Ebene. Wir führen unsere Truppen auf einer hexfeldartigen Karte in die Schlacht. Jede Einheit besitzt eine Art Lebenspunkte, welche sich durch Beschuss verringert. Sinken die Lebenspunkte auf Null, fliehen die Einheiten. Man erhält somit die Chance auf einen Rückzug und Aufstockung der Lebenspunkte. Werden die fliehenden Soldaten erneut attackiert, gelten Sie als vernichtet. Das kann in diversen Szenarien schwerwiegende Folgen haben. Nicht nur, dass die eigenen erfahrenen und verbesserten Truppen während des Gefechts zerstört werden, man erhält auch keinen Nachschub. Gegen einen zahlenmäßig und materialtechnisch überlegenen Gegner, bedeutet das je nach Schwierigkeitsgrad durchaus die Niederlage. Erst am Ende des Levels darf man sein Repertoire wieder mit unerfahrenen Soldaten auffüllen. Diese kosten zum Teil aber eine Menge Punkte.
Die Einheiten, welche man ins Feld führt, sind auf die Jahre 1939/1940 hin angepasst und orientieren sich auch stark an den damals verfügbaren Gegebenheiten. Die berühmte Flexibilität der finnischen Soldaten (Nutzung von Skiern) wird allerdings nicht berücksichtigt. Längere Passagen werden durch einen LKW dargestellt. Die Rote Armee schickt im späteren Verlauf sogar die schweren Panzer KV-1 und KV-2 in den Kampf, deren Produktion Ende 1939/Anfang 1940 begann (vgl. panzertaktik.de, o. J.).
Neben den unterschiedlichen Haupteinsätzen, werden dem Spieler auch einige Nebenaufträge erteilt, die meist mit der Einnahme eines bestimmten Punktes zu tun haben. Das Spiel orientiert sich auch an alten Konkurrenten wie bspw. „Panzercorps“, da man für den Abschluss einer Mission nur eine begrenzte Anzahl an Runden hat. Besonders bei Wetterveränderungen kann das echt zum Problem werden. Einheiten ohne die Ausrüstung „Winterbekleidung“ können in arktischen Bedingungen keine Bewegung mehr ausführen. Der große Unterschied zur Konkurrenz ist, dass „Strategic Mind“ auf eine 3D-Ansicht setzt. Andere vergleichbare Titel arbeiten nur in 2D-Optik. In diesem Zusammenhang gefielen mir die Zwischensequenzen besonders gut, da diese ebenfalls animiert waren und nicht nur mit einem reinen Textbriefing daherkamen.
Bei allem Lob gibt es aber auch Kritik. Die 3D-Optik macht echt was her, birgt aber auch das Problem, dass eigene und gegnerische Truppen auf Wald- oder Stadthexfelder einfach untergehen. Der Tag-Nacht-Wechsel erschwert die Sichtbarkeit noch deutlich. Man kann diese zwar an der Silhouette oder der Lebenspunktemarkierung erkennen, persönlich wäre eine präzisiere Unterscheidung zwischen Objekt und Einheit schöner. Grafisch könnte man auch noch etwas mehr aus dem Spiel holen. Sie wirkt mittlerweile doch in die Jahre gekommen.
Besonders Playstationspieler müssen sich zum Beginn auf eine Gewöhnungsphase einstellen. Die Steuerung ist zwar in Ordnung, allerdings erhält man keine Hilfe durch ein Tutorial. Und der geübte Konsolero ist auf bestimmte Muster geprägt. Beispielsweise wird an der Konsole der Großteil mit der Taste „X“ bestätigt. Also möchte ich meinen Truppen auch mit der Taste „X“ einen Befehl erteilen. Das geht in Strategic Mind leider etwas anders. Man merkt daran, dass das Spiel wohl eher für den PC entwickelt wurde. Nach den ersten Missionen hat man sich aber an die Steuerung gewöhnt.
Fazit 7/10
Es gibt eine Menge Strategiespiele, die sich den Zweiten Weltkrieg als Szenario auserkoren haben. Die Spielereihe von Strategic Mind lohnt sich für alle die, die an diesem Szenario interessiert sind und denen Rundenstrategie gefällt. Nach einer recht unbefriedigenden Anfangsphase hat mich das Spiel gefangen und dazu verleitet, dass ich mir gesagt habe: „Na los eine Runde machst du noch!“ Die KI macht einen recht guten Eindruck und für Spieler, die sich im Detail verlieren, können auch die besten Positionen oder Standorte für Ihre Truppen suchen. Jedes Hexfeld besitzt nämlich eigene Boni und Malusse. Am Ende der Kampagne überlege ich wirklich, die alten Strategic Mind-Teile Blitzkrieg, Fight for Freedom, Spectre of Communism oder The Pacific auszuprobieren.