Might & Magic: Clash of Heroes – Definitive Edition

André schreibt…


Das Might & Magic-Universum und ich sind so eine Sache. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund kommt mir die traditionsreiche Taktik-RPG-Reihe immer nur dann auf die Festplatte, wenn sie von ihrem ursprünglichen Konzept abweicht. Obwohl mich vor allem der dritte Teil sehr fasziniert hat, habe ich dabei immer nur Freunden über die Schulter geschaut; selbst gespielt habe ich es nie. Dafür habe ich das großartige First-Person-Abenteuer Dark Messiah of Might & Magic gleich mehrmals verschlungen. Meine erneute Reise in die Welt von Might & Magic bescherte mir jetzt Clash of Heroes: Definitive Edition und auch hier läuft der Hase deutlich anders. Statt Rundentaktik wird mir hier ein Puzzle-RPG-Mix geboten.

Ein Bild, das Text, PC-Spiel, Screenshot, Strategievideospiel enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Aber von vorn: Might & Magic – Clash of Heroes von Capybara Games erschien ursprünglich im Januar 2010 für den Nintendo DS und erwies sich als ein echter Geheimtipp. Über ein Jahrzehnt später wurde dieser jetzt von Entwickler und Publisher Dotemu noch einmal neu als Definitive Edition für die Switch, Playstation 4 und den PC aufgelegt. Die Auflösung wurde an moderne Standards angepasst, die Charaktermodelle neu erstellt und auch der Multiplayermodus wurde überarbeitet. Dazu sind bereits sämtliche Zusatzinhalte der DS-Version von Beginn an enthalten. Soweit der Standard, den man von einer Definitive Edition erwartet; aber kann Clash of Heroes auch spielerisch noch immer überzeugen?

Höllisch gut und teuflisch schlecht

Im Gegensatz zu den meisten anderen RPG-Puzzlern gibt sich Might & Magic: Clash of Heroes vergleichsweise viel Mühe, das Gameplay mit einer unterhaltsamen Geschichte zu verbinden – und die braucht auch nicht lange, um in die Gänge zu kommen. Im Elfenreich Irollan versammeln sich die Anführer der Elfen um ihre Tochter Anwen, die Adelsfamilie Unicorn mit den Geschwistern Godric, Fiona und Aiden, sowie Zauberin Nadia mit ihrer Mutter, nur um sogleich von einer Horde einfallender Dämonen angegriffen zu werden. Dabei verlieren die Jungspunde einen Großteil ihrer Familien und werden zudem in alle Winde verstreut. Nach und nach begeben wir uns als Spieler mit jedem von ihnen auf die Reise, die Verschwörung der Dämonen aufzudecken und die Welt vor ihrer endgültigen Rückkehr zu bewahren.

Der Plot hält das hohe Tempo größtenteils bei und kann mit einigen sympathischen Charakteren aufwarten, auch außerhalb der Heldenriege. Definitiv Geschmackssache bleibt aber der sonderbare Mix aus durchaus düsteren Themen und – zwar cartoonhafter – aber dennoch vorhandener Brutalität und schnippischem Humor. Erst reden Dämonen explizit darüber, was sie mit ihren Opfern alles anzustellen gedenken. Drei Zeilen später wird das Ganze mit einer unerwartet selbstironischen Bemerkung konterkariert. Teilweise sind die Dialoge auch schlicht und ergreifend, man kann es nicht anders sagen, plump bis saudämlich. Die Geschichte nimmt sich über weite Strecken nicht ernst und versprüht unweigerlich den Charme eines 90er-Jahre-Sonntagmorgen-Cartoons. Das kann man lieben oder hassen; mich als 90s-Kid hat es durchaus zum Schmunzeln gebracht. Der Filmliebhaber in mir hat aber auch ein, zwei Augen zudrücken müssen.

Das Cartoon-Konzept wird auch bei der Präsentation fortgeführt. Außerhalb der Kämpfe bewegen wir unsere Helden durch Spielbrettähnliche Areale, die allesamt wunderschön handgezeichnet sind. Auch sämtliche Einheiten sind schlicht, aber hübsch gestaltet. Die Animationen werden teilweise, vor allem in den Kämpfen, mit geringerer Framerate abgespielt und vermitteln damit einen „cartoonigen“ Eindruck, was wunderbar zur restlichen, comichaften Präsentation passt. Dialoge werden ausschließlich durch Textfenster vorangetrieben und sind nicht vertont, was in einem Puzzler mit solchem Story-Fokus schade ist, auch in Bezug auf Barrierefreiheit. Die Charakter-Porträts allerdings sind hübsch anzusehen und vermitteln die Emotionen der Figuren sehr gut. Der atmosphärische, unaufdringliche Soundtrack tut sein Übriges. Alles in allem weiß die Geschichte über die Distanz von gut 25 Stunden zu unterhalten, sollte aber nicht der Hauptgrund sein, warum man Clash of Heroes anschmeißt. Womit wir zum Gameplay kommen.

Alles in Reih‘ und Glied!

In den Arealen können wir uns lediglich auf festen Pfaden bewegen. Auf bestimmten Feldern können wir handeln, Gespräche führen, Nebenquests annehmen, Höhlen betreten oder kämpfen. Kommt es zum Kampf, wechseln wir in einen separaten Kampfbildschirm, in dem wir auch den Löwenanteil des Spiels verbringen.

In Kämpfen werden unsere Einheiten dem Heer des Gegners gegenübergestellt und wir können eigentlich nichts anderes tun, als die jeweils letzte Einheit einer Reihe in eine andere Reihe zu versetzen oder eine beliebige Einheit zu löschen. Schaffen wir es mit diesen Mitteln, jeweils drei Einheiten gleichen Typs und gleicher Farbe waagerecht oder senkrecht zu kombinieren, bilden sie entweder einen Schutzwall und begeben sich an die Front (waagerecht) oder laden einen Angriff auf (senkrecht). Je nachdem, wie viele Einheiten oder Wälle ihnen gegenüberstehen, kommen sie mehr oder weniger gut auf dem gegnerischen Schlachtfeld voran. Geht ein Angriff bis in die hinterste Reihe unseres Gegners, verliert er Lebenspunkte, die natürlich auf null gesenkt werden müssen.

Unsere Einheiten variieren je nach Spielfigur und bringen dabei verschiedene Eigenschaften mit, zum Beispiel kurze Aufladezeit vs. größere Angriffskraft oder einen Streueffekt auf nebenstehende Einheiten. Jeder Held startet erstmal mit einer oder zwei verschiedenen Einheiten und findet oder kauft sich im Verlauf seiner Kampagne neue dazu. Dazu gehören neben drei Standardeinheiten auch die besonders mächtigen Eliteeinheiten, von denen wir immer nur zwei verschiedene mitnehmen können. Dafür sind sie aber auch nicht selten maßgeblich für die Taktik, die wir anwenden.

Darüber hinaus besitzt jede Heldenfigur eine besondere Wallfähigkeit und einen starken Heldenangriff, der durch das Zufügen und Erleiden von Schaden aufgeladen wird und nicht selten das Match entscheiden kann. Durch gewonnene Kämpfe erhalten wir Rohstoffe und Erfahrungspunkte, mit denen wir neue Elite-Einheiten kaufen oder unsere Einheiten und Heldenfigur stärken.

Zwischen Abwechslung und Monotonie

Die Kämpfe entfalten direkt eine gewisse Sogwirkung und man findet sich schnell im berühmten „Ach, ein Match geht noch!“ Zustand wieder. Nicht zuletzt, weil die Spielbarkeit wirklich gut ist und alles zügig von der Hand geht. Zudem gibt sich das Spiel Mühe, den doch sehr gleichförmigen Spielverlauf regelmäßig aufzulockern, indem es uns Zwischen- und Endbosse vor die Nase setzt, deren Kämpfe nach eigenen Regeln ablaufen. Nicht selten müssen wir diese erstmal selbst begreifen, was schon den ein oder anderen Bildschirmtod nach sich ziehen kann. Grundsätzlich ist das eigentlich ein interessanter Ansatz und viele Bosskämpfe machen auch Spaß. Doch sie offenbaren auch die größte Schwäche von Might & Magic: Clash of Heroes.

Dadurch, dass neue Einheiten immer zufällig nachrücken, haben wir über viele Situationen im Spiel keine wirkliche Kontrolle. Verlangt ein Boss nun etwa von uns, zwei bestimmte Ziele gleichzeitig zu treffen oder wir müssen ihm in einer bestimmten Anzahl an Runden einen Mindestwert an Schaden zufügen und bekommen dann einfach nicht die nötigen Farben oder Einheiten zur Verfügung, dann ist das einfach nervig. Vor allem im späteren Verlauf der Kampagnen sind die Einheiten auf beiden Seiten so lächerlich stark, dass der Zufallsfaktor immer mehr Gewicht bekommt. Dieser Umstand greift dann auch von den Bossen auf gewöhnliche Kämpfe über. Spätestens dann kann es sogar richtig frustrierend werden. Grundsätzlich können die Kampagnen dies meist durch die Story, ihre wechselnden Settings und die Möglichkeit, auf Nebenquests auszuweichen, etwas abfedern. Die letzte Kampagne mit Nadia ist jedoch leider schlicht und ergreifend nur noch öde, anstrengend und kann das Niveau des bisherigen Spiels nicht ansatzweise halten. Hier offenbaren sich dann leider die grundsätzlichen Balance-Probleme des Spielsystems.

FAZIT: 7/10

Ich habe mit Might & Magic: Clash of Heroes – Definitive Edition über weite Strecken wirklich viel Spaß gehabt. Die Puzzlematches gehen leicht von der Hand, sind simpel, offenbaren aber spätestens mit den Eliteeinheiten doch einen gewissen taktischen Tiefgang. Zudem machen viele der Zwischenbosse wirklich Spaß, bringen etwas Abwechslung ins Spiel und fordern auch mal die grauen Zellen etwas heraus. Die hübsche, zeitlose Präsentation und der schöne Soundtrack machen ebenfalls viel her.

Leider torpediert das Spiel seine Stärken zu sehr durch seinen Zufallsfaktor, der, kombiniert mit schlechtem Balancing, vor allem im späteren Spielverlauf, zur Nervenprobe wird. Dass gerade in diesem Moment auch die Story komplett einbricht, ist dabei umso ärgerlicher. Denn gerade die hat mich persönlich noch gut bei Laune gehalten und dann doch irgendwie bis zum Endboss gepusht. Wer dem teils doch abstrusen Mix aus Ernsthaftigkeit und albernem Humor in einem Fantasy-Setting aber nichts abgewinnen kann, der muss hier leider noch einen Punkt abziehen.

Letztendlich funktioniert Clash of Heroes am besten als kurzes Spiel zwischendurch. Je geringer die Ambitionen, desto mehr kann man die simple und flotte Puzzelei genießen. Wer aber wenig bis gar keine Frustrationstoleranz mitbringt, dürfte vor allem mit der zweiten Hälfte des Spiels leider nicht mehr viel Spaß haben. Im Online-Multiplayer-Modus tummeln sich aktuell leider auch noch nicht (oder nicht mehr) wirklich viele Spieler, dafür kann man aber auch lokal gegen Freunde spielen. Für ein, zwei Matches zwischendurch ist die Puzzle-Fantasy dann doch auf jeden Fall gut. Denn hey: Wenn ich verloren habe, war’s ja nur Zufall!