Vor nicht allzu geraumer Zeit erhielt unsere Redaktion ein Spiel, welches eher unterhalb des Radars geflogen ist. Auf den bekannten Streamingseiten wurde es so gut wie kaum gespielt – und ich folge Writing Bull. Er ist vor allem dafür bekannt, diverse Strategietitel während seiner Streams zu spielen. Ich möchte euch natürlich nicht länger auf die Folter spannen. „Classified France ’44“ war das Spiel, das uns erreichte. Es stammt vom Entwickler „Absolutely Games“ und wird vom bekannten „Team 17“ und „Firestone Games“ herausgegeben. Erschienen ist es am 05. März 2024 für PC, Playstation und Xbox. Ich hatte das Glück, das Spiel testen zu dürfen und werde euch nun die Frage beantwortet, ob das Spiel zu Recht oder zu Unrecht so wenig Aufmerksamkeit in der Gamingbranche erhalten hat.
Hintergrundinfos und Story
Im Spieltitel ist schon deutlich herauszulesen, in welcher Epoche wir uns befinden. Wir haben mal wieder ein Spiel, dass sich im Zweiten Weltkrieg ansiedelt. Jetzt mag der ein oder andere denken: „Oh nein, nicht schon wieder ein Spiel im Zweiten Weltkrieg!“. Man muss schon gestehen, dass dieses Szenario schon sehr ausgeschlachtet wurde. Dennoch finden Entwickler immer wieder einen neuen Ansatzpunkt für deren Spiele – und so auch „Absolutely Games“.
Die Entwickler schicken uns in das Jahr 1944 nach Frankreich in die Nähe der größten Invasionsoperation aller Zeiten – den D-Day. Der D-Day steht in vielen Geschichtsbüchern als der „Decision Day“ – zu deutsch so viel wie „Der Tag der Entscheidung“ (Vgl. Normandie-Tourismus/Wikipedia).
Laut May Rademacher von geo.de bewegten sich um den 06. Juni 1944 insgesamt 175.000 Amerikaner, Briten und Kanadier sowie rund 200 Franzosen auf die normannische Küste zu. Im Ärmelkanal sollen sich 2727 Schiffe aus den USA, Großbritannien, Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika, Frankreich, Belgien, Polen, Norwegen, Griechenland und den Niederlanden befunden haben. Alle mit dem Ziel vor Augen, ein Einfallstor nach Europa zu schaffen und das nationalsozialistische Deutschland zurückzuschlagen. Auf den ca. 90 Kilometer langen Abschnitt bei Caen sollen laut Rademacher 2000 Landungsboote zugesteuert sein. Solch eine immense Operation muss allerdings genauestens vorbereitet werden, so dass die Durchführung bereits 1943 mit der Operation Jedburgh begann (vgl. Wikipedia).
Und genau an dieser Stelle setzt „Classified France ’44“ an. Die als „Jeds“ bekannt gewordenen Soldaten setzten sich laut Wikipedia-Eintrag aus 83 Amerikanern, 90 Briten, 103 Franzosen, 5 Niederländern und 5 Belgiern zusammen. Sie sollten mit dem Fallschirm hinter den feindlichen Linien abspringen und als Widerstandsgruppen den D-Day vorbereiten. Und wer hätte es nun gedacht, im Spiel übernehmen wir die Rolle von bis zu 12 Soldatinnen und Soldaten dieser Nationen.
Das Spiel bleibt allerdings nicht immer ganz am historischen Leitfaden. So haben wir bspw. 50 Tage Zeit, hinter den feindlichen Linien für Unruhe zu sorgen. Nach Aussagen der oben genannten Quellen sind die „Jeds“ auf Befehl von General Dwight D. Eisenhower erst in der Nacht vom 5. auf den 6. Juni in Frankreich abgesprungen (Vgl. Wikipedia).
Das Missionsdesign
Bevor man sich eine Operation wählen kann, befindet man sich auf der Karte der Normandie. Diese ist in zehn Regionen mit je drei Segmenten aufgeteilt. Anschließend steigen wir in vier Personengrüppchen in diverse Missionen von der Sabotage einiger Küstenstellungen, über Beschaffung von geheimen Dokumenten bis hin zur Rettung verunglückter oder gefangener Soldaten ein. Die Bandbreite der Aufgaben ist wirklich groß und schafft eine Menge Abwechslung, auch wenn sich alle Einsätze auf drei große Formen beschränken. Man wählt zwischen Angriffs-, Hinterhalts- oder Tarnmissionen aus. Jeder Typ hat dabei seine mehr oder weniger eigenen Regeln. Entscheiden wir uns für eine Angriffsmission, hat uns der Feind bereits entdeckt und es kommt recht zügig zum Feuergefecht. In der Hinterhaltsmission starten wir unentdeckt, haben aber nur eine geringe Anzahl von „Lautloseliminierungen“ bevor wir aufgespürt werden. Im letzten Typ können wir die Operation ohne entdeckt zu werden, absolvieren.
Die Karten. auf denen wir unsere Soldaten bewegen, sind dabei recht klein bis mittelgroß. Dafür aber wieder sehr abwechslungsreich und schön designed.
Nachdem wir einen Einsatz erfolgreich absolviert haben, können wir ein Segment einer Region für uns „beanspruchen“. Dies gibt uns selbstverständlich einige Vorteile. Aber Achtung – so einfach wird es uns nicht gemacht, die gesamte Karte einzunehmen. Jeglicher Widerstand wird auch wie zur damaligen Zeit von der Geheimpolizei verfolgt. Diese wird durch eine Art Spielfigur auf der Karte angezeigt und bewegt sich zufällig zwischen unseren Regionen hin und her. Außerdem blockiert sie nach einigen Runden unser Segment und verhindert gewisse Boni und erschwert gleichzeitig Aufträge in dieser Region. Damit verbunden ist natürlich auch der Erfolg der Landung der Alliierten in der Normandie.
Das Spielprinzip
„Classified France ’44“ ist ein rundenbasiertes Strategiespiel á la XCOM. Unsere Soldaten besitzen eine definierte Anzahl an Aktionspunkten, mit diesen sie sich bewegen oder schießen bzw. Fähigkeiten anwenden können. Gleiches gilt selbstverständlich auch für unsere Gegner.
Man sollte besonders darauf achten, dass die Soldatinnen und Soldaten stets in Deckung sind, andernfalls segnen wir schnell das Zeitliche. Denn je nach Deckung wird eine Trefferwahrscheinlichkeit errechnet, die Aussagen über Erfolg oder Misserfolg unseres Befehls geben. Sollten wir uns also einmal nicht hinter einem Hindernis befinden, ist die Wahrscheinlichkeit getroffen zu werden, bei 100%.
Die KI macht in den Missionen für mich einen sehr guten Eindruck. Bspw. wurde ein Kamerad niedergeschossen und ich musste ihn innerhalb von drei Runden reanimieren, sonst wäre er aus dem Einsatz entfernt worden. Da man als Aktion einen Bereich unter Feuer nehmen kann, sobald sich eine Figur hinein bewegt, hat die KI mit mehreren Soldaten diesen Bereich über meinen niedergestreckten Kamerad gelegt. Die Frage war also, schaffe ich es innerhalb von drei Runden die Soldaten zu töten oder bewege ich mich in das Abwehrfeuer? Ich entschied mich für letzteres und musste ordentlich Schaden einstecken. Aber ihr kennt ja das Motto: „Niemand wird zurückgelassen!“
Weshalb die gerade beschriebe Situation prekär war, merkt man daran, dass mit jedem Beschuss (egal ob Treffer oder nicht) der Moralwert des Soldaten sinkt. Zu Beginn wird man mit dem „Zermürbtmalus“ belegt. Hierbei verringern sich die Aktionspunkte zu Anfang der jeweiligen Runde. Bei weiterem Beschuss wird man „demoralisiert“. Dies gleicht einem Aussetzen in sämtlichen analogen Spielen.
Die Auswahl an Gegnertypen macht es vor allem nicht einfach, unbeschadet aus den Einsätzen herauszukommen. Grundsätzlich kann man im Vergleich zum Genremogul XCOM keine allzu große Gegnerauswahl erwarten. Wir haben nunmal keine Aliens im Jahr 1944! Aber die Entwickler haben den einzelnen Soldatengruppen (einfacher Soldat, Fallschirmjäger oder Gestapo) unterschiedliche Fähigkeiten gegeben. So sind einige robuster, werfen mit Granaten oder heilen ihre Verbündeten. Diese Mischung macht es doch anspruchsvoll. Es haben aber nicht nur unsere Gegner diese Art von Vielfalt – auch unsere Soldaten kommen mit unterschiedlichen Waffen und Fähigkeiten daher. Man sollte sich deswegen gut überlegen, welche Fähigkeitenkombinationen man in den Einsatz führt.
Nach Abschluss des Einsatzes haben die Entwickler einen weiteren Malus ins Spiel eingebaut. Unsere Einheiten verlieren Gesundheits-, Moral- und/oder Aktionspunkte. Damit steigt man in die nächste Mission ein und darf sich mit immer schweren Anforderungen konfrontiert sehen.
Die Technik
Grafisch macht „Classified: France ’44“ einen recht soliden Eindruck. Dennoch ist hier noch Platz nach oben. Die Steuerung ist auch für Konsolen gut durchdacht und sehr intuitiv. Nach wenigen Runden hat man diese verinnerlicht. Ich persönlich hatte aber das Gefühl, dass die Marker (z. B. Bewegen, Schießen) recht hakelig über die Karte zu bewegen waren. Es fehlt mir da an mehr Geschmeidigkeit. Allerdings hat man sich im Laufe des Spiels daran gewöhnt.
Während mancher Schussanimationen zoomt das Spiel auch zum jeweiligen Charakter. Das ist grundsätzlich ein schönes Feature. Allerdings muss man sich damit abfinden, dass bspw. eine Mauer die Sicht verdeckt.
Außerdem muss man mit kleineren Bugs rechnen. Zum Beispiel konnte ich plötzlich keine Befehle mehr erteilen, obwohl die neue Runde gerade begonnen hatte. Nach einigen Wechseln zwischen den eigenen Einheiten ging es dann aber wieder. Für den Spielfluss ist das manchmal etwas nervig. Die Entwickler müssen auch an anderer Stelle noch nachbessern. Meine Einheit stand z. B. in einem Haus in „starker“ Deckung und von keinem Feind sichtbar zu attackieren. Trotzdem durfte dieser in seiner Runde durch die Wand auf meine Einheit feuern und mein Soldat erlitt Schaden. Im Umkehrschluss galt das aber auch für mich und ich schoss mit besagtem Soldat durch die Mauer auf den Fallschirmjäger. Meiner Meinung nach sollten die Einheiten nicht aufeinander schießen dürfen, sofern diese kein Sichtfeld zueinander besitzen. Ansonsten sind mir im Laufe meiner Spielzeit keine gröberen Fehler begegnet.
Fazit 8/10
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich es schade finde, dass dieser Titel kaum Beachtung erhalten hat oder erhält. Als Fan von Rundenstrategie und XCOM sollte man hier auf alle Fälle mal einen Blick riskieren. Besonders dann, wenn man dem futuristischen Stil der XCOM-Reihe nichts abgewinnen kann und eher den realistischen Stil bevorzugt.
Man erhält mit „Classified: France ’44“ ein anspruchsvolles, abwechslungsreiches und durchdachtes Spielvergnügen. Leider haben sich kleinere Fehlerchen eingeschlichen, welche man aber mit ein paar Updates beheben könnte.Flo ist ein Spieler durch und durch. Egal, ob Karten-, Brettspiele oder Spiele in der digitalen Welt – alle sind ihm heimisch. Seine Anfänge machte er mit dem damaligen Spiel „Hugo“ oder der blauen Edition auf dem Gameboy Color. Im Jugendalter widmete er sich neben seinem sportlichen Ausgleich dem Strategiegenre, weshalb „Age of Empires 2“ oder die „Total War“-Reihe immer noch zu seinen Lieblingsspielen zählen.
Neben diversen Strategiespielen ist er auch ein großer Freund von sämtlichen kooperativen Games. Aus diesem Grund zählen wohl „7 Days to Die“ und „Dead by Daylight“ zu den am meisten gespielten Spielen überhaupt. In diesem beiden Titeln kann und konnte er auf beste Unterstützung von Maik und Gunter zählen.
Wichtig ist allerdings, dass die Spiele eine Crossplay-Funktion besitzen, da er vorwiegend auf der Playstation unterwegs ist. Der PC und die Nintendo Switch befinden sich aber auch in seinem Repertoire.