The Dark Pictures Anthology: Little Hope
Stelle dir vor, es ist 22:00 Uhr und die Nacht ist über Massachusetts hereingebrochen. Du bist mit dem Bus gerade auf der Heimreise. Die ursprüngliche Route nach Hause wird dummerweise von einer Straßensperre blockiert und der Busfahrer muss einen Umweg nehmen. Du fährst eine verlassene Straße entlang und schaust aus dem Fenster. Die Nacht ist nicht klar, wie du es eigentlich gewohnt bist. Ein dichter Nebel zieht auf und die Sichtweite beträgt nur wenige Meter. Deinem Busfahrer bleibt keine andere Möglichkeit, als schnurstracks weiterzufahren und den Kurs beizubehalten. Da man außerhalb deines Busses die eigene Hand nicht mehr vor Augen erkennen kann und du dem Busfahrer dein vollstes Vertrauen schenkst, entscheidest du dich, deine Augen zu schließen. Ein wenig Ruhe und Erholung kann eigentlich nicht schaden. Doch plötzlich wirst du von einem lauten Knall, dem Schlingern des Busses und dem Umkippen des tonnenschweren Gefährts wieder geweckt. Nun stehst du zum Glück nur leicht verletzt auf der mit Nebel verhangenen Straße und fragst dich, was da eigentlich gerade passiert ist. Was sollst du nun machen? Wie kommst du aus dieser misslichen Lage wieder heraus? Was sagen deine Mitfahrer? Geht es ihnen überhaupt gut?
Falls ich dein Interesse geweckt haben sollte, dann musst du dir den zweiten Teil der „The Dark Pictures Anthology“-Reihe anschauen und spielen. Ungefähr so wie gerade beschrieben, steigt man in das Spiel ein. Das große Ziel ist glasklar, einen Weg aus dem Schlamassel zu finden. Ich möchte an dieser Stelle von der grandiosen Story nicht zu viel verraten. Man muss diese Art von Spiel einfach selbst erleben. Ich versuche also nicht zu viel zu spoilern und konzentriere mich eher auf die allgemeinen Dingen des Spiels.
Mit „The Dark Pictures Anthology: Little Hope“ kommt nun endlich der zweite Teil der Reihe auf die Nintendo Switch. Wer „Until Dawn“, „The Quarry“ oder den ersten Teil „Man of Medan“ gespielt hat, weiß genau, worauf er sich hier einlässt. Ein wahnsinnig gut inszeniertes Spiel, welches durchaus auch als Film durchgehen könnte. Neben der Geschichte liegt das Hauptaugenmerk auf den Entscheidungen, welche man als Spieler treffen muss bzw. kann. Jede Entscheidung kann dabei über Leben oder Tod bestimmen. Wähle also besser weise. Die Vielfalt der unterschiedlichen Handlungsstränge aufgrund besagter Entscheidungen macht das Spiel von „Supermassive Games“ so einzigartig.
Aber nun wieder zurück zum eigentlichen Spiel. Zu Beginn steht einem schon die erste große Entscheidung bevor. Spiele ich allein, mit Freunden auf der Couch oder doch lieber im Online-Modus? Besonders der zweite Modus macht jeden Abend zu einem echten Erlebnis, denn jede Person denkt und entscheidet anders als man selbst. Das schafft besonderen Anreiz oder auch Frust, wenn sich jemand für die falsche Antwort ausgesprochen hat. In „Little Hope“ kann man mit fünf Freunden gleichzeitig spielen, da es Andrew, Taylor, Daniel, Angela und John zu retten gilt. Zu Beginn kann sich jeder Spieler für einen der drei Schwierigkeitsgrade entscheiden. Das ermöglicht auch Konsolenneulingen, Spielspaß zu entwickeln, da weniger Fingerfertigkeit gefordert wird. Geübte Zocker können die Herausforderung suchen. Trotzdem erleben alle gemeinsam das selbe Spiel.
Neben den fünf Protagonisten gibt es aber eine weitere Figur, welche meiner Ansicht nach den eigentlichen Reiz am Spiel ausmacht. Ohne sie wäre das Spiel nicht ansatzweise so gut, wie es letztlich ist. Die Rede ist dabei vom Kurator. Dieser ist attraktiv gestaltet und besitzt einen erhabenen sowie gebildeten Charakter. Er erinnert etwas an die damaligen „X-Faktor“-Folgen. Der Kurator stellt das Bindeglied zwischen den Akten dar und gibt auf Wunsch immer mal wieder einen kryptischen Hinweis. (ACHTUNG SPOILER!) Er macht für mich persönlich einen deutlich besseren Eindruck als noch die Wahrsagerin aus „The Quarry“.
Alles in allem sind die Charaktere sehr gut vertont und sehen für die Nintendo Switch-Version echt gut aus. In Zwischensequenzen kann die Hybridkomsole durchaus mit den anderen Konsolen oder dem PC mithalten. Man merkt in Spielsequenzen allerdings, dass die Switch nicht ganz an das Leistungsniveau seiner Kontrahenten heranreicht. Vor allem wenn man mit der Taschenlampe in den Nebel leuchtet, erkennt man unsaubere Texturen oder der Detailreichtum der Gesichter geht etwas verloren. Sonst gab es im gesamten Spielverlauf keinerlei technische Probleme – sprich Abstürze, auffällige Bugs oder Lags.
Wer sich im Spiel selbst etwas spoielern lassen möchte, der kann im Verlauf der Reise Fotos finden, welche dem Spieler einen kurzen Ausschnitt zukünftiger Ereignisse präsentieren. Des Weiteren gibt es eine Menge an Geheimnissen, welche man finden kann. Diese erzählen dem Spieler ein paar Hintergrundgeschichten zu dem Handlungsverlauf in „Little Hope“.
Das Spiel schafft es, mit den Auswahlmöglichkeiten innerhalb der Gespräche und den Sammelgegenständen einen hohen Wiederspielwert zu schaffen. Es lohnt sich also, das Spiel nach dem ersten Durchspielen nicht sofort in den tiefen Ecken des Regals zu vergraben.
Ein Kritikpunkt wäre allerdings, dass man in Quick-Time-Events kurz vor Ablauf der Zeit die richtige Taste erwischt, diese aber als „Fehler“ aufgenommen wird. In den spannungsgeladen Situationen, bei denen man sich keine Fehler erlauben darf, ist das schon ziemlich ärgerlich. Das fiel vor allem auf dem mittleren bzw. höheren Schwierigkeitsgrad auf. Neben dem Problem während den Quick-Time-Events fällt aber auch die sehr geringe Spielzeit auf. Leider gibt es „nur“ drei Akte, die es zu durchlaufen gilt. Als Spieler hätte ich mir da schon etwas mehr Story gewünscht. Der hohe Wiederspielfaktor kann das leider nicht wieder wett machen.
Fazit 8/10
„The Dark Pictures Anthology: Little Hope“ lohnt sich für jeden, der die anderen Teile gespielt hat und ganz besonders für diejenigen, die so eine Erfahrung noch nie gemacht haben. Die stimmungsvolle und klasse inszenierte Horrorstory ist ganz klar das Herzstück dieser Spielreihe. Sie schafft es für mich, durchgängig Spannung zu erzeugen. Besonders der „Couch-Modus“ hat es mir angetan. Ich habe schon einige Abende mit Freunden vor der Glotze gesessen und die Zeit mit beten und bibbern verbracht.