Das Sammeln und Trainieren von Monstern verbinden die meisten Leute aus Europa und den USA wohl auch nach 24 Jahren zuerst immer mit den Pokémon. Die vor allem in Japan populäre Dragon Quest Spin-Off-Reihe „Dragon Quest Monsters“ fliegt hierzulande eher unter dem Radar. Dabei war sie anno 1998 für lange Zeit die einzig konkurrenzfähige Alternative zu Pikachu und Konsorten. Nun kommt die Reihe zum 25sten Jubiläum mit Dragon Quest Monsters: Der dunkle Prinz das erste Mal auf die Nintendo Switch. In diesem Artikel erkläre ich euch, warum ich die nach jeder Spielesitzung mit einem lachenden und einem weinenden Auge ausgeschaltet habe.  

Ein monströser Stammbaum

Wir spielen den namensgebenden „dunklen Prinzen“; seines Zeichens Sohn des Monsterkönigs Randolfo und einer menschlichen Frau. Da der monströse Monarch aber so gar kein Gespür für gute Erziehung hat. Überlässt er Kind und Mutter einfach sich selbst. Als seine Mutter an einer Krankheit stirbt, sinnt der Prinz auf Rache. Logischerweise kann er es aber nicht ansatzweise mit seinem verhassten Vater aufnehmen. Dieser belegt ihn schnurstracks mit einem Fluch, der es ihm unmöglich macht, Monstern auch nur ein Haar zu krümmen. Jahre später macht der dunkle Prinz sich auf den Weg, um ein mächtiger Monsterzähmer zu werden. Mit der Hilfe ranghöchster Monster hofft er, Randolfo ordentlich zu verprügeln und den Fluch aufzuheben.

Der dunkle Prinz Psaro verteidigt sich mit einem Holzschwert und grimmigem Gesicht gegen einen Angriff.

Die Geschichte ist dabei zu jeder Zeit eher ein rudimentärer Motivator, um uns durchs Spiel zu scheuchen und dem Ganzen eine Richtung zu geben. Sie ist plump inszeniert, löchrig wie ein Schweizer Käse auf einem Nagelbrett und verwehrt uns zu Spielbeginn nahezu lächerlich lang die Kontrolle. Dass hier quasi die Vorgeschichte zu Dragon Quest IV erzählt wird, wird auch nur beinharte Fans interessieren. Dafür sind die Dialoge sehr charmant übersetzt und wissen mit ironischem Humor die Mundwinkel nach oben zu ziehen. Immerhin lassen sich ungeliebte Sequenzen auch einfach überspringen, was sich trotzdem, irgendwie, falsch anfühlt.

Eine monströse Technik

Wer Dragon Quest Monsters – Der dunkle Prinz zum ersten Mal startet, kann durchaus einen Schreck bekommen. Das Spiel sieht leider keineswegs wie ein moderner Switch Titel aus. Die Texturen sind Großteils verwaschen oder kaum vorhanden. Starkes Kantenflimmern und Treppchenbildung zeigt sich an vielen Objekten. Im Handheld-Modus ist das komplette Bild darüber hinaus ziemlich unscharf. In der Ferne werden Details und Framerates von bewegten Objekten stark sichtbar heruntergefahren und trotzdem kommt es regelmäßig zu Slowdowns. Zum Glück wirkt sich das bei einem JRPG wie Dragon Quest Monsters selten auf die Spielbarkeit aus und zumindest die Kämpfe bleiben meist stabil. Immerhin sind die Monster und Charaktere, wie von Dragon Quest gewohnt, liebevoll designt. Dragon Ball Schöpfer Akira Toriyama trägt auch hier wieder seinen unverkennbaren Stil zur Vorschau.

Der dunkle Prinz Psaro steht vor der Arena im Kreis der Eroberung am Fuße einer großen, hölzernen Treppe. Die Arena ist mit lila brennenden Fackeln bestückt.
Die Arenen sind meist noch das schickste, was wir zu sehen bekommen. Die Umgebungen sind leider absolut detailarm.

Dragon Quest Monsters – Der dunkle Prinz will uns zum Jubiläum ganz eindeutig mit aller Macht auf einen Nostalgietrip schicken. Viele Animationen, wie die Teleportation mit Portalen, sind direkte Überbleibsel aus dem Game Boy Color Original von 1998. Das sorgt zwar für eine Sekunde für den geplanten Aha-Effekt, wirkt aber ansonsten leider nur noch altbacken. Das man den alten Charme eines Spiels auch stilvoll modernisieren und in die Gegenwart transportieren kann, haben viele Remakes der vergangenen drei Jahre bewiesen.

Auch die meisten Sounds und Musikstücke sind kaum angepasst. In ihrem minimalistischen Stil sind sie zwar nach wie vor charakteristisch und stechen mehr denn je hervor. Trotzdem wünsche ich mir persönlich von einem Switch Titel im Jahr 2023 mehr als hibbeliges 8-Bit Gequietsche.

Ein monstermäßiger Spaß

Das Dragon Quest Monsters – Der dunkle Prinz trotzdem nicht zur Katastrophe verkommt, liegt am zeitlos guten Spielkonzept. Statt Monster wie in der Pokémon Reihe zu fangen, werben wir sie für unsere Truppe an. Unsere Chancen steigen dabei mit der Stärke unserer mitgeführten Gruppe. Dafür durchstreifen wir wechselnde Gebiete, die wir im Verlauf der Geschichte freischalten. In festgelegten Zeiträumen wechseln dabei die Jahreszeiten, was uns neue Bereiche erschließt und neue Monster erscheinen lässt. Um uns das Anwerben der Monster zusätzlich zu erleichtern, können wir an Turnieren teilnehmen und im Rang aufsteigen, oder die sogenannten Lokalmatadore besiegen. Diese sind im Grunde nichts anderes als gewöhnliche Bosse.

Menü mit vielen Monsterporträts die zur Kombination beim Verschmelzen ausgewählt werden können.
Das Verschmelzen von Monstern zu stärkeren Kreaturen und gezieltes Züchten sind seit jeher das Kernelement der Dragon Quest Monsters Reihe.

Das Anwerben neuer Monster stellt jedoch traditionell nicht die effektivste Methode dar, um eine möglichst starke Gruppe aufzustellen. Stattdessen ist das Verschmelzen von Monstern ab Level 10 zu einer neuen, stärkeren Kreatur der Dreh- und Angelpunkt des Gameplay-Loops. Dieser können wir dann gezielt Fähigkeiten weitervererben und somit Monster nach unserem Bedarf erschaffen. Die Kombinationen sind dabei serientypisch zahlreich und laden zum Experimentieren ein. Dennoch bietet das System Tiefgang und gibt uns zahlreiche Informationen an die Hand, die bei der gezielten Zucht helfen. Blindes herumprobieren ist dadurch nicht nötig.

Die Kämpfe laufen ebenfalls etwas anders ab als etwa von Pokémon gewohnt. Gegen wilde Monster können wir zwar auch gezielt Befehle geben. Grundsätzlich wählen wir aber, für jedes unserer kämpfenden Monster (bis zu vier auf einmal) eine von fünf Taktiken aus. Ist das getan, können wir sie überwiegend automatisch kämpfen lassen. In den Turnieren ist das sogar Pflicht. Da sie meist sehr effizient handeln, macht das vor allem die Phasen, in denen wir leveln müssen, wesentlich entspannter und flotter als beim Konkurrenten. Weitere Komfortfunktionen, wie das Beschleunigen der Spielgeschwindigkeit im Kampf, unterstützen diese Umstand.

Ein Skelett greift einen Togre mit dem Parallax-Angriff an.
Die Kämpfe sind immer noch angenehm zügig und überlassen grundsätzlich unseren Monstern die Show.

Die Spirale aus dem Anwerben, Trainieren und Züchten der Monster sowie die flotten Kämpfe machen Spaß wie eh und je. Mich persönlich hat sie auch schon immer ein kleines Stückchen mehr motiviert als die Pokémon Spiele (mit Ausnahme von Legenden: Arceus). Getrübt wird der Spielfluss, sobald er erstmal in Gang gekommen ist, nur noch durch den nervigen Aufbau unserer Basis. Die Stadt Rosenbühl und unser Turm beherbergen unsere Monsterkoppel, Läden sowie den Altar zum Verschmelzen und das Portal in die verschiedenen Gebiete. Leider ist jedes davon in einem eigenen Gebäude oder Stockwerk des Turms. Das stört zwangsläufig des Spielfluss. Da wir häufig nach Rosenbühl zurückkehren müssen, um eine der Stationen aufzusuchen, wird das viele Herum-Gerenne sehr schnell nervig.

Fazit 6/10

Dragon Quest Monsters – Der dunkle Prinz wirkt stark aus der Zeit gefallen. Das hängt Teils mit der schwachen Grafik zusammen. Teils aber auch mit bewussten Designentscheidungen, die eher den Spaß bremsen, als nostalgische Euphorie auszulösen. Auch die Story lockt kaum hinter dem Ofen hervor. Doch vor allem technisch ist das Spiel – man kann es nicht anders sagen – selbst für die betagte Switch, einfach nicht zeitgemäß. Das grundsätzliche Gameplay steht aber, ironischerweise ebenso traditionell, überwiegend für sich selbst und funktioniert nach wie vor prächtig.

Monster anzuwerben, zu trainieren, zu verschmelzen, gezielt auf ihre Rollen hin zu züchten und der Gruppe beim stärker werden zusehen macht einfach unheimlich süchtig. Dazu kommt der Charme in Design und Dialogen. Absolut Geschmackssache, aber wer den Stil mag, wird sich ihm nur schwerlich entziehen können.

Dennoch wird auch dieser zeitlose Gameplay Loop von einigen Design-Schnitzern gestört. Ich würde so gerne mehr Punkte vergeben, aber am Ende des Tages haben wir es hier mit einem Vollpreistitel zu tun. Für 60 Euro ist das, was Dragon Quest Monsters – Der dunkle Prinz liefert, vor allem mit diesem technischen Gerüst, einfach etwas frech. Die Dragon Quest Hauptreihe hat bereits bewiesen, was auch auf der Switch alles möglich ist. Deswegen bleibt trotz allen Spaßes, den ich hatte, dieser schale Beigeschmack zurück, dass Dragon Quest Monsters zum Jubiläum einfach mehr verdient hätte. Bloß auf Nostalgie zu setzen und absolut keinen relevanten Fortschritt zu wagen, funktioniert heute nicht mehr. Dafür gibt es im Monster-RPG-Genre mittlerweile einfach zu viele gute Alternativen.