What the Duck
Unter dem vergleichsweise hochtrabenden Namen Seize Studios aus Brasilien verbirgt sich eine Hand voll motivierter Indie-Entwickler ohne nennenswertes Budget. Gerade im Indie-Bereich sorgen selbst Ein-Mann-Projekte wie Chained Echoes oder Stardew Valley gerne mal für offene Münder und strahlende Augen. Ob das auch Seize’s Erstlingswerk, dem Action-Adventure „What the Duck“ in unserem Test gelingt?
Ich glaub‘ es quackt!
Positiv überraschen kann zunächst die Handlung. Tunichtgut Illy will die Dorfschönheit beeindrucken und dafür sein inneres „Spirit-Animal“ erwecken, um ein großer Krieger zu werden. Umso doofer guckt er dann aus der Wäsche als seine Beschwörung sich als kleines Entenküken entpuppt. Da aber kurze Zeit später das Nachbardorf angegriffen wird, bleibt nicht viel Zeit, um sich über den ungeliebten Begleiter aufzuregen. Illy muss lernen, mit dem zurechtzukommen, was er hat und gerät schon bald in einen Konflikt internationalen Ausmaßes.
What the Duck erzählt eine durchaus charmante Geschichte über (Selbst-)Akzeptanz und weiß dabei auch das ein oder andere Grinsen zu provozieren. Selbst zeitgenössische Satire kommt dabei zum Tragen, wenn Illy sich etwa eine Waffe nach Anleitung einer Videoplattform schmieden will und dabei vom (natürlich doppelt geschalteten) Werbevideo unterbrochen wird. Auch die Präsentation trifft mit ihrem überzogenen Comiccharakter und etwa den sich leicht bewegenden, stillen Shots einen noch unverbrauchten Ton. Apropo Ton: die Zwischensequenzen sind sogar durchaus ordentlich, auf Englisch, vertont.
Das Spiel nimmt sich kaum ernst und macht das sogar auf Meta-Ebene über die Texte in den Steam-Errungenschaften deutlich. Wenn sich ein ausgelutschter Steroetyp ankündigt, dann eigentlich nur, um spätestens zwei Konversationen später wieder mit einem metaphorischem „Ääätsch“ verabschiedet zu werden. Dafür kann man Seize Studio schonmal anerkennend auf die Schulter klopfen.
Wenn bloßer Charme nicht ausreicht
Auf technischer Eben kann What the Duck da leider zu keiner Zeit mithalten. Die Grafik findet zwar mit den knalligen Farben ihren Stil, alle 3D-Modelle wirken aber wie aus World of WarCraft beim release 2004. Texturen sind häufig, besonders in der Welt außerhalb der Ortschaften, quasi nicht existent. Dazu kommt manchmal starkes Kantenflimmern und Clippingfehler. Seize Studios haben auf ihr offenbar kaum vorhandenes Budget hingewiesen. Doch selbst mit den Standard-Assets der Unreal Engine 4 würde das alles zeitgemäßer aussehen.
Die Steuerung von Illy und seiner Ente, vor allem in Kämpfen, fühlt sich ebenfalls schwammig und störrisch an. Das liegt meist weniger an der Steuerung selbst sondern an der ungünstigen Kameraführung, die Illy merkwürdig dezentriert erfasst. Dazu kommt ein Lock-On-Feature, dass die Gegner oft verliert und sich vor allem nicht zwischen den Gegnern hin- und herschalten lässt.
Zudem sind viele Spielsysteme einfach nicht konsequent oder hochwertig genug umgesetzt. Das Crafting von Waffen etwa ist einfach nur Mühselig, weil die Welt so leer ist und es keinen Spaß macht, nach den nötigen Materialien zu suchen. Das überträgt sich analog auf nahezu jede Nebenquest. Auch das Murmel-Minispiel bietet aufgrund seiner nicht wirklich nachvollziehbaren Physik keinen nennenswerten Anreiz. Auch einen „gamebreaking“ Bug hatte ich zu beklagen: Nachdem ich in die zweite Region gereist war, wurde mein komplettes Inventar durch Repliken meiner Hauptwaffe ersetzt. Da stand ich nun, mit 297 Äxten. Danke… oder so.
What the Duck – Fazit 4/10
Es bricht mir schon ein bisschen das Herz, dass ich „What the Duck“ mit 4 Punkten nach Hause schicken muss. Denn man merkt beim Spielen, dass hinter dem Titel Menschen mit einer guten Idee stecken. Aber selbst dabei habe ich schon ein Auge zugedrückt. Letztlich muss ein Spiel nämlich schlicht und ergreifend Spaß machen oder zumindest fesseln. Das kann „What the Duck“ leider nicht leisten. Dafür fehlt es sämtlichen Spielelementen und der technischen Umsetzung schlicht an Wertigkeit. Die charmante Handlung weiß zwar zu gefallen, wird aber auch nicht vielen Spieler:innen die Mühsal wert sein, die das Gameplay verlangt.
Das liegt nicht zuletzt am Preis. Für 20 Euro bekommt man (zumindest im nächsten Steamsale) auch Titel, die schlicht in einer ganz anderen Liga spielen und im Endeffekt dasselbe bieten. What the Duck setzt sich einfach in ein viel zu gefülltes Nest und wird leider eiskalt erdrückt. Es ist wie ein Spaziergang zum Ententeich: Man lässt den Blick einmal über die drolligen Tierchen schweifen, freut sich kurz und geht dann aber auch wieder unbeirrt des Weges.