Ys X: Nordics

Die japanische Action-RPG Reihe Ys war schon immer speziell. Kein bisschen auf den westlichen Markt angepasst, mit fesselnden, aber extrem sperrigen Geschichten und technisch mindestens eine Generation im Rückstand. Trotzdem hat Ys eine treue Fangemeinde um sich gescharrt und bringt es dadurch bereits auf stolze zehn Teile. Ob Ys X Nordics das Schema durchbricht oder doch wieder nur mehr vom Alten liefert, erfahrt Ihr hier.

Eine Seefahrt, die ist (gar nicht mal so) lustig

Wie für Ys üblich, spielen wir den jungen Abenteurer Adol Christin, der nichts lieber tut, als die Welt zu bereisen und Ihre Geheimnisse zu entdecken. Dabei wird der Rotschopf immer wieder in die verrücktesten Konflikte verwickelt. Der gutherzige Schwertkämpfer ist quasi die Pfadfinder Version von Lara Croft. In Ys X Nordics verschlägt es ihn in das Baltische Meer, das von den Wikinger-artigen Normans kontrolliert wird.

Ys X Adol & Karja© Nihon Falcom Corporation
Hauptfigur Adol (links) tut sich diesmal mit der charismatischen Karja zusammen. Mehr Gruppenmitglieder gibt es in Ys X nicht.

Interessanterweise spielt Nordics vor den meisten anderen Ys Titeln und zeigt ein sehr frühes Abenteuer von Adol. Viele Dinge aus den anderen Spielen sind also noch gar nicht geschehen. Deshalb bekommen Neulinge die beste Chance auf einen Einstieg, während Fans eine neue Perspektive auf spätere Verhältnisse erhalten.

Offenbar können nur Adol und die selbsternannte Piratenprinzessin Karja die Griegr besiegen, ohne dass diese direkt wieder auferstehen. Ironischerweise werden die beiden urplötzlich durch geheimnisvolle Mana-Handschellen aneinandergekettet und somit nicht nur durch das Schicksal miteinander verbunden.

Ys X: Nordics Mana-Handschelle© Nihon Falcom Corporation

Also bereisen Adol und Karja gemeinsam die Baltische See, um die Griegr unschädlich zu machen und einen Weg zu finden, ihren mysteriösen Fesseln zu entkommen. Und wer ist eigentlich der sonderbare, alte Mann, dem Adol immer wieder in traumähnlichen Schüben begegnet? Fragen über Fragen, die uns zwar etwas plump, aber dafür effektiv in die Geschichte des Spiels ziehen und die Neugierde hochhalten.

Der Alltag eines Normans

Grundsätzlich besteht das Gameplay aus Ys daraus, dass wir mit unserem Schiff das Meer bereisen, an Inseln an Land gehen und diverse Höhlen und Verliese zu Fuß erkunden. Dort gilt es dann meistens, bestimmte Materialien zu beschaffen oder sich bis zum Endboss durchzukämpfen. Rätsel glänzen (abgesehen von simplen Schalterrätseln) meist mit Abwesenheit.

Ys X: Nordics Karja am Steuerrad© Nihon Falcom Corporation
Ein Großteil des Spiels findet auf See statt, wenn wir nicht gerade Inseln, Höhlen oder Tempel erkunden.

Die Handlung wird durch ziemlich steife und oft quälend lange Zwischensequenzen vorangetrieben, die dafür teilweise schön (auf englisch oder japanisch) vertont sind und den Charakteren (manchmal unnötig viel und zugleich wenig) Tiefe verleihen. Typisch für die Ys Reihe ist Adol in den Sequenzen nie vertont, obwohl er in Kämpfen etwa kurze Sprachsamples zum Besten gibt. Eine nach wie vor komische Designentscheidung. Zum Glück lassen sich die Sequenzen auch in Teilen oder ganz überspringen. Wer das tut, verliert aber leider auch gerne mal den Überblick über das Geschehen. Ebenso, wer kein Englisch beherrscht, denn eine deutsche Lokalisierung sucht man vergebens.

Ys X: Nordics Bösewichtin© Nihon Falcom Corporation
Die Schurkin und Schurken sind durch die Bank Anime-Bösewicht-Abziehbilder.

De größte Neuerung ist die Reise mit dem Schiff, der Sandras. Wir fahren über das Meer, bergen Fracht, bauen uns eine immer größere Crew auf, entdecken neue Inseln und führen Seeschlachten gegen die Flotten der Griegr. Diese sind zwar niemals so packend oder Anspruchsvoll wie etwa die Seeschlachten aus Assassin’s Creed, lockern das geschehen aber angenehm auf und geben dem Spiel eine zusätzliche Ebene. Zumal wir das Schiff stetig ausbauen und aufleveln dürfen. Darüber hinaus kommen auch an Land immer mal wieder neue kleine Gameplay-Elemente und Kniffe dazu, die zwar nie revolutionär daherkommen, aber doch das Interesse konstant füttern.

Ys X: Nordics Fahrt auf See © Nihon Falcom Corporation
Die Steuerung des Schiffes ist zu keiner Zeit physikbasiert und stets sehr „arcadig“.

Oldschool ist nirgendwo anders so cool

Ihr habt es vielleicht schon gemerkt: Ys X Nordics leidet, wie auch alle anderen Teile der Reihe, an erzählerischen Macken. Das hört bei der Handlung nicht auf. Grafisch ist der Titel, abgesehen von den ganz hübschen Charaktermodellen, ebenfalls keineswegs zeitgemäß. Auch die Kamera verhält sich in Kämpfen oft nicht optimal und große Gegnergruppen zu überblicken, ist fast unmöglich. Dazu kommen kleinere Ungenauigkeiten bei der Steuerung.

Ys X: Nordics Schwingen© Nihon Falcom Corporation
Früh im Spiel lernen wir, die Manafesseln unter anderem auch als Lianen zu nutzen.

Alles in allem ist die Ys Reihe schlicht altbacken. Trotzdem weiß Ys Nordics, besser denn je, seine Schwächen so gekonnt zu überspielen, dass es letztlich gar nicht so schwierig ist, dem Spiel seine Mängel zu verzeihen. Die liegen seit jeher bei den flotten Echtzeitkämpfen. So schnell und unkompliziert wie hier hauen wir selten einen Spezialangriff nach dem anderen raus. Zudem sind die Manöver teils einfach sehr stylisch inszeniert. Wenn wir mit Adol und Karja durch das Sperrfeuer eines Gegners hindurchhuschen und ihm anschließend mit einem heftigen Konter einen Scheitel ziehen, dann fühlt sich das einfach extrem mächtig an!

Ys X: Nordics Kampfsystem© Nihon Falcom Corporation
Das Kampfsystem war in Ys schon immer sehr schnell, erhält durch die Manafesseln aber nun noch weitere coole Features.

Dazu kommt das neue Teamfeature, bei dem Adol und Karja als Einheit agieren. Dann werden sie stärker, aber auch langsamer. Das ist zwar vor allem in Bosskämpfen manchmal etwas zu mächtig, passt aber super zur Dynamik der beiden. Außerdem gewinnen die schnellen Kämpfe stark an Übersicht und Flow, da wir nur zwischen zwei Charakteren wechseln, anstatt drei, wie in anderen Teilen der Reihe. Das Aufleveln der beiden funktioniert zwar über verschiedene Mechaniken, die sogar ein bisschen Personalisierung zulassen, fällt letztendlich aber doch sehr linear aus.

Fazit: 8/10

Ihr habt es vielleicht schon gemerkt: Ys X Nordics leidet, wie auch alle anderen Teile der Reihe, an vielen kleinen Macken, die eine Spielsitzung durchaus auch mal anstrengend machen können, wenn man sie zu nah an sich ran lässt. Wer sich aber von der teils sperrigen Erzählweise, manchmal halbgaren Gameplay-Elementen und Grafik aus der PS3 Ära nicht abschrecken lässt und sich auf die Stärken des Spiels konzentriert, bekommt einen extrem flotten und unterhaltsamen No-Brainer für zwischendurch.

Ys X Nordics ist, mehr denn je, als Gesamtpaket so viel mehr, als die Summe seiner Teile. Es ist sich seiner verschrobenen Art und seinen Schwächen mehr als bewusst, doch weigert sich konsequent, sie auszuradieren. Für fast jeden Makel wird stattdessen eine Lösung angeboten. Die sperrigen Zwischensequenzen lassen sich in Teilen oder ganz überspringen, das Gameplay auf See ist größtenteils optional. Neue Gameplay-Elemente nutzen sich schnell ab, dafür kommt zügig das nächste. Wir können jederzeit speichern und Dungeons sowie Nebenaufgaben sind meist innerhalb von Minuten erledigt, weshalb sich das Spiel auch für kurze Sessions eignen kann.

Dazu kommt ein extrem schnelles und unkompliziertes Kampfsystem das schlicht Spaß macht. Auch die Bewegung durch Umgebungen und Level ist so schnell, dass kleine Ungenauigkeiten in der Steuerung schnell nichtig werden, oder gar nicht erst auffallen. Und ehe Ihr Euch verseht, habt Ihr die Ys Reihe mit all Ihren Mankos akzeptiert und vielleicht sogar ins Herz geschlossen. Bei Ys X Nordics funktioniert das – dank so mancher Neuerung – besser als je zuvor.

© Nihon Falcom Corporation

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