Yu-Gi-OH! Early Days Collection

Zeit für ein D-D-D-Duell! … Jeder Anime-Nostalgiker erinnert sich an das ikonische Intro von damals. Anfang der 2000er, zur großen Blütezeit der Anime auf RTL2, gehörte neben Dragonball, Pokémon und Digimon auch Yu-Gi-Oh! zum festen Nachmittagsprogramm. Wenn ich ehrlich bin: Für das Pokémon-Kartenspiel war ich damals schlicht zu jung – oder zu doof. Yu-Gi-Oh! war da die deutlich einsteigerfreundlichere Alternative. Nur hatten meine Eltern wenig Lust, in zwei Kartenspiele gleichzeitig zu investieren. Die Lösung? Ein Kompromiss: Statt echter Karten gab es Yu-Gi-Oh! auf dem Game Boy. Und genau diese Spiele, in die ich damals viele Stunden Lebenszeit versenkt habe, kehren nun zurück – in der Yu-Gi-Oh! EARLY DAYS Collection. Ob die Sammlung heute noch überzeugt – oder ob sie doch lieber in der Memory-Zone geblieben wäre – das schauen wir uns jetzt an.

Ein Feeling von Früher

Mit der Yu-Gi-Oh! Early Days Collection öffnet Konami ein digitales Sammelalbum, das Fans in die Kindheit zurückkatapultiert: 14 klassische Game-Boy-Titel rund um das populäre Sammelkartenspiel finden sich hier erstmals gebündelt – viele davon erstmals außerhalb Japans lokalisiert. Dabei wurden Spiele für den Gameboy und Gameboy Colour und für den Gameboy Advance in ein gemeinsames Spiel zusammengefasst.

  • Yu-Gi-Oh! Duel Monsters 
  • Yu-Gi-Oh! Duel Monsters II: Dark Duel Stories
  • Yu-Gi-Oh! Monster Capsule 
  • Yu-Gi-Oh! Das Dunkle Duell
  • Yu-Gi-Oh! Duel Monsters 4: Battle of Great Duelists 
  • Yu-Gi-Oh! Dungeon Dice Monsters
  • Yu-Gi-Oh! The Eternal Duelist Soul
  • Yu-Gi-Oh! Duel Monsters 6: Expert 2 
  • Yu-Gi-Oh! Die heiligen Karten
  • Yu-Gi-Oh! Reschef der Zerstörer 
  • Yu-Gi-Oh! Worldwide Edition: Stairway to the Destined Duel
  • Yu-Gi-Oh! World Championship Tournament 2004
  • Yu-Gi-Oh! Destiny Board Traveler 
  • Yu-Gi-Oh! World Championship Tournament 2005: Der Tag des Duellanten

Von dieser ganzen Liste habe ich früher bereits schon sechs Spiele gespielt gehabt und begonnen habe ich mit Yu-Gi-Oh! Das Dunkle Duell, sowohl früher als auch heute für den Test. Als ich „Das Dunkle Duell“ nach über 20 Jahren wieder startete, fühlte ich mich sofort zurückversetzt: der ikonische Startbildschirm, die simplen Menüs und die Musik, die sich irgendwo zwischen spannend und schrill bewegt – alles wie damals. Doch die anfängliche Euphorie wich schnell der Erkenntnis, wie sperrig dieses Spiel heute wirkt.

Die Regeln folgen einer ganz eigenen Logik, die nur vage an das heutige Kartenspiel erinnert. Effekte? Fast keine. Beschwörungen? Teilweise auf Glück basierend. Und wer die Typen-Vorteile (wie Wald schlägt Donner) nicht auswendig weiß, verliert schnell die Übersicht. Trotzdem: Es hat etwas Faszinierendes, wie ernst man das damals nahm – jede Karte war ein Schatz, jeder Sieg ein Triumph. Und es ist so geil, wie damals.

© Digitial Eclipse / Konami
Und los geht die Reise in die Vergangenheit.

Zwischen Zeitreise und Technikstaub

Was bei der Yu-Gi-Oh! Early Days Collection sofort auffällt, ist der liebevolle Umgang mit dem eigenen Erbe. Für viele Fans sind es nicht nur Spiele, sondern Zeitkapseln, die eine Ära wieder aufleben lassen: pixelige Grafiken, Game-Boy-Soundtracks und schlichte Menüs, wie man sie von früher kennt. Doch Konami hat die Sammlung nicht bloß auf ROMs beschränkt, sondern mit zahlreichen Extras versehen: Originalverpackungen und -anleitungen wurden digital eingebunden, dazu kommen moderne Quality-of-Life-Funktionen wie Save States oder Rückspulen.

Ein besonders lobenswerter Aspekt der Early Days Collection ist die erstmalige Veröffentlichung mehrerer bislang Japan-exklusiver Titel für den westlichen Markt. Spiele wie Yu-Gi-Oh! Duel Monsters 4: Battle of Great Duelist oder Expert 1 (eigentlich Duel Monsters 5) waren damals für europäische Spieler völlig unzugänglich – allein schon wegen der Sprachbarriere und der nie erfolgten Lokalisierung. Jetzt, rund zwei Jahrzehnte später, sind sie erstmals offiziell auf Deutsch verfügbar und ermöglichen Fans außerhalb Japans einen authentischen Blick auf diese frühen Kapitel der Videospielgeschichte von Yu-Gi-Oh!. Das ist nicht nur ein Gewinn für Sammler, sondern auch eine kleine Sensation für all jene, die sich früher mit Emulatoren oder Fan-Übersetzungen behelfen mussten. Konami beweist hier ein erfreuliches Maß an historischem Bewusstsein – ein Schritt, den man in Zeiten vergessener Klassiker nur begrüßen kann.

Etwas zwiespältig fällt hingegen die Entscheidung aus, bei Duel Monsters 4 gleich alle drei Versionen – Yugi, Kaiba und Joey – beizulegen. Klar, die Idee dahinter ist nachvollziehbar: Man möchte eine Verbindung zum Lieblingscharakter schaffen, wie es auch schon damals bei der Modulwahl der Fall war. Doch am Ende spielt man drei Mal weitgehend dasselbe Spiel – lediglich mit minimalen Deck-Unterschieden und anderem Cover. Ob das wirklich nötig ist, oder eher nostalgisch motivierter Sammlerballast, muss jeder für sich selbst entscheiden. Die Erinnerung sagt vielleicht „ja“, der Spielwert eher „na ja“.

© Digitial Eclipse / Konami
Solche Bilder machen einen warm ums Herz.

Trotzdem ist nicht alles glänzend: Gerade die frühen Duel Monsters-Spiele oder RPG-Ableger wie Reschef der Zerstörer wirken aus heutiger Sicht monoton und schwerfällig. Das Tempo ist oft zäh, die Spielmechanik unpräzise, und selbst erfahrene Spieler verlieren sich schnell im veralteten Design.

Zwischen Kindheitstraum und Bedienungsfrust

Hinzu kommen technische Schwächen: Die Menüführung ist teilweise umständlich, Textdarstellung schwer lesbar – besonders bei Game-Boy-Titeln mit kleiner Schrift. Gerade Neueinsteiger vermissen zudem moderne Tutorials oder Hinweise – eine Hürde, die den Zugang zu vielen Spielen erschwert.

Beim erneuten Spielen wird schnell klar: Mit dem heutigen Yu-Gi-Oh! haben viele der alten Titel nur noch wenig zu tun. Die Spielmechaniken wirken sperrig, das Tempo ist gemächlich, Effekte fehlen oft ganz, und viele Duelle fühlen sich eher wie ein strategisches Ratespiel an als wie das komplexe Chain- und Kombo-Monster, das die Reihe heute ist. Wer aktuell an Formaten wie Master Duel oder an modernen Turnierdecks gewöhnt ist, wird sich hier fühlen wie in einem längst vergangenen Prolog zur echten Duellwelt. Doch gerade dieser Rückschritt zeigt, wie stark sich das Franchise entwickelt hat.

© Digitial Eclipse / Konami
Langsame Mentalität für alte Geister

Ironischerweise bewegen sich einige der besseren Spiele der Sammlung – wie World Championship 2004 oder The Eternal Duelist Soul – regeltechnisch in der Nähe der sogenannten GOAT-Ära: jenem nostalgisch verehrten Metagame rund um 2005, das heute noch von Fans gepflegt wird. Für Veteranen ist das fast wie ein vertrautes Wiedersehen, während Neueinsteiger vermutlich vor allem eines denken: „So langsam war das wirklich mal?“

Fazit: 07/10

Die Yu-Gi-Oh! Early Days Collection ist in erster Linie ein Geschenk an langjährige Fans – eine liebevoll kuratierte Zeitreise durch die Anfänge des digitalen Duellierens. Wer mit diesen Spielen aufgewachsen ist, wird hier viele kleine Momente des Wiedererkennens erleben und einige Stunden mit einem nostalgischen Grinsen verbringen. Die Sammlung punktet mit Extras, Übersetzungen ehemals Japan-exklusiver Titel und praktischen Komfortfunktionen. Doch trotz aller Retro-Romantik muss man ehrlich sagen: Viele der Spiele sind spielerisch schlecht gealtert, wirken aus heutiger Sicht träge, sperrig oder schlicht unzeitgemäß. Wer moderne Yu-Gi-Oh!-Abläufe oder Einsteigerfreundlichkeit erwartet, wird hier kaum glücklich. Unterm Strich bleibt eine charmante, aber nicht makellose Collection. Für Veteranen ein lohnenswerter Blick zurück.

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