Spirit of the North 2

Rot-orangenes Fell, ein buschiger Schwanz, eine schwarze Stuppsnase und Augen zum dahinschmelzen. All diese Merkmale vereint meine Spielfigur in meinem neuesten Testbericht. Die Entwickler von Infuse Studio ließen mich in eine völlig unerwartete neue Rolle schlüpfen, in der ich als majestätischer Fuchs in einer rauen, aber schönen nordischen Landschaft unterwegs sein durfte. Dieses Abenteuer nennt sich Spirit of the North 2 und ist der Nachfolger des sehr positiv bewerteten ersten Teils.

Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass ich Spirit of the North nie gespielt habe und ich dadurch völlig unerfahren in das zweite Spiel hineingegangen bin. Das hat so seine Vorteile, aber auch seine Nachteile. Was das für den am 8. Mai 2025 erschienenen neuesten Ableger bedeutet und welche Pros und Kontras uns erwarten, das sollt ihr nun im Test nachlesen können.
Alles beginnt mit der Story
Die Geschichte ist tatsächlich gar nicht so einfach zu erklären, weil sie abhängig von einer der großen Spielmechaniken ist – dem Erkunden. Über diverse Zwischensequenzen werden euch schon einige Story-Bruchstücke an die Hand gegeben. Den meiner Ansicht nach wichtigeren Teil machen aber die unzähligen Schriftrollen aus, welche sich überall in der Spielwelt verteilen. Sie geben über ihren Inhalt sinnvolle und wichtige Erklärungen – auch zu gesehenen Sequenzen – preis. Also macht euch lieber auf die Suche und findet diese Schätze.
Was ich auf meinem bisherigen Pfad aber in Erfahrung bringen konnte, ist folgendes. Das Leben auf der Erde scheint zum großen Teil ausgestorben zu sein. Es gibt also keine Menschheit mehr und die Tiere übernehmen stattdessen die Hauptrolle. Ein für mich fast gottähnlicher Schamane namens Grimnir hat sich von seinen Fesseln befreit und die großen Wächter gefangen genommen. Der Frieden der nordischen Spielwelt ist also in Gefahr.

Unsere Aufgabe als heldenhafter Fuchs ist dann natürlich klar – wir müssen die Wächter befreien, Grimnir besiegen und die Welt retten. Gar kein Problem, da wir als Spieler mit solch einem Druck – wie gehabt – umgehen können.
Das kongeniale Duo
Wir reisen nicht völlig allein durch die riesige Spielwelt. Zu Beginn des Spiels gesellt sich ein weiterer Mitstreiter zu uns. Der wissenschaftliche Name ist Corvus. Die Lateiner unter uns wissen natürlich, dass es sich um einen Raben handelt.

Er weist uns Anfangs etwas den Weg und spielt eine Rolle im Tutorialprozess. Im späteren Verlauf wird er uns auch tatkräftig zur Seite stehen. Beispielsweise packt er uns während eines Sprungs am Nacken und gleitet mit uns einige Meter weiter. Das ist wirklich nützlich, wenn man größere Abgründe überwinden muss und als treuer Partner weicht er auch nicht von unserer Seite.
Schöner Charaktereditor
Bevor wir uns mit unserem Partner auf die gefährliche Reise begeben, dürfen wir unseren Fuchs noch ein wenig editieren. Wir entscheiden über die Körperform, die Fell- sowie die Augenfarbe. Auch die Ohren und die Schnauze können wir anpassen. All das macht die Spielfigur wirklich zu unserer Spielfigur. Der Einbau dieses Features, auch wenn er vom Umfang nicht an andere Rollenspiele heranreicht, ist wirklich schön. Das gibt einem doch etwas Vertrautheit und steigert zu Beginn schon die intrinsische Motivation.

Wir können unser Tier aber auch während des laufenden Spiels noch anpassen, da wir während unserer Erkundung z.B. auf Händler treffen, die uns neue Fellfarben verkaufen. Es ist fast trivial, aber die Händler sind auch Tiere, sodass ich bei einem knuffigen Waschbär gern meine gesammelten Kristalle ausgebe.
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold
Machen wir aber den Sprung wieder zurück in den Spielverlauf. Für mich ist es neu, für alle Zockerinnen und Zocker, die den ersten Teil gespielt haben, ist es vermutlich vertraut, aber Dialoge gibt es nicht. Der Rabe krächzt uns immer mal an und wir können zurückjaulen, aber mehr Dialoge werdet ihr nicht hören. Andererseits macht es ja in einem mehr oder minder realen Setting einfach Sinn – Tiere können halt nicht sprechen.

Das bedeutet aber auch, dass es keine direkte Hilfe für Ziele oder Aufgaben gibt. Spirit of the North 2 lässt euch in dieser Hinsicht fast allein. Getreu dem Motto: Geh raus in die Welt und schau was passiert. Für jemanden wie mich, der zu 95 Prozent Spiele spielt, die einem klar sagen, was man zu tun hat, war das eine ganz schöne Umstellung. Teilweise gab es Stellen, an denen ich einfach herumgeirrt bin und nach Aufgaben suchte. Allerdings ist es genau das, was die Entwickler wollen. Du sollst die riesige Spielwelt entdecken, Orte finden und zufällig auf den Storypfad stoßen. Und ja man muss schon sagen, dass dies einer der gelungenen Aspekte des Spiels ist.
Gut, so ganz allein gelassen wird man nicht. Wer den roten Schleiern folgt, bleibt auf dem Storypfad. Dennoch wird man nicht ohne Weiteres überall hingelangen. Manche Bereiche werden durch Statuen blockiert. Da muss man entweder genug Irrlichter gesammelt haben oder spezielle Gegenstände bei sich tragen. Und wer hätte es gedacht? Für beide muss man die Spielwelt erkunden.

Riesige Spielwelt mit vielen Ruinen, Höhlen und wenig Action
Und damit sind wir direkt bei meinem nächsten Pluspunkt angelangt. Es gibt wirklich eine Menge zu entdecken und wenn man einmal in diesem „Teufelskreis“ gefangen ist, kommt man auch nicht so schnell wieder heraus. Man rennt dann von einem Fragezeichen zum Nächsten, um neue Orte aufzudecken. Besonders gelungen sind dabei die vielen kleinen Rätsel, die es zu bewältigen gilt. Diese haben mich aber nie überfordert. Meist dreht es sich um diverse Hebel oder Gegenstände, die ich auf eine Druckplatte legen muss. Mit einem geübten Blick kommt man ganz gut zum Erfolg.
Was mich aber etwas gestört hat, war die Tatsache, dass die Spielwelt kaum belebt ist. Wir treffen selten auf andere Tiere. Ab und an müssen wir einen Waschbären verfolgen, der ein paar Kristalle fallen lässt. Dies erinnert ein wenig an die Schatzgoblins aus der Diablo-Reihe. Aber sonst ist wirklich nicht viel los. Das ist schade, da dies die Eintönigkeit fördert. Wobei man aber fairerweise auch sagen muss, dass die Biome mit ihrer Flora schon echt gelungen sind.

Auffällig ist auch, dass wir kaum Gegner besiegen müssen. Die einzigen Gegner sind die Wächter, welche wir befreien müssen. Dafür gibt es eine Art Bossarea, in welcher wir ebenfalls wieder kleinere Aufgaben bewältigen müssen. So befreien wir bspw. einen weißen Raben mit Hilfe von Hebeln und einem beherzten Ziehen an Speeren. Geübte Spieler werden auch hier nicht vor Probleme gestellt. Wenn es nach mir ginge, hätte ich mir da schon etwas mehr Action gewünscht. Man merkt, dass es das Spiel nicht darauf anlegt. Das Hauptaugenmerk liegt einfach an anderer Stelle.
Fähigkeitenbaum und Runen
Wenn man die Wege abseits untersucht, wird man auf Truhen treffen. Diese enthalten neben den Kristallen, die als Währung dienen und mit denen man z. B. Obelisken „freischaltet“, auch andere Gegenstände. Mit etwas Glück enthält eine Kiste eine Fuchsfigur. Wenn man die einsammelt, erhält man einen Fähigkeitspunkt. Den kann man in einem ansprechenden Baum ausgeben, um bspw. mehr Lebenspunkte zu erhalten.

Neben diesen Merkmalen kann man den Fuchs sowie den Raben mit Runen versehen. Sie verbessern ebenfalls einige Fähigkeiten. Richtig genial ist die Sichtbarkeit der Runen auf dem Fell bzw. Gefieder. Die leuchtenden Schriftzeichen haben etwas mystisches an sich und passen super in den Gesamtkontext.

Technische Aspekte
Grafisch macht Spirit of the North 2 einen soliden Eindruck. In der Weitsicht sieht die Spielwelt echt toll aus und auch unsere Spielfigur ist wirklich gelungen. Das Fell will man einfach berühren und mit der Hand hindurchfahren.

Wer aber einen genauen Blick riskiert, merkt (besonders in den Höhlen), dass die Texturen sehr matschig und in die Jahre gekommen sind. Da fehlt es einfach an Kontur und Schärfe. Alles in allem erhält man aber ein ordentliches Gesamtpaket, in das man gern eintaucht.

Die Steuerung ist zudem wirklich sehr simpel und intuitiv. Auch wenn mehrere Fähigkeiten hinzukommen, wird man als Spieler nicht überfordert.
Fehlertechnisch sind mir bisher nur flackernde Texturen aufgefallen. In einer der vielen Höhlen ist mir dies besonders aufgefallen. Ansonsten hielt sich dieser Aspekt sehr in Grenzen. Ich hätte mir noch eine Minikarte gewünscht. Der Wechsel zur Karte dauert etwas zu lang. Wer sich schwer Wege merken kann, der muss etwas Geduld mitbringen. Eine kleine Karte würde den Spielfluss leicht verbessern.
Fazit 8/10
Für mein Ersterlebnis bin ich wirklich zufrieden. Spirit of the North 2 erweckt den Entdeckergeist und lässt den Spieler anhand der Rätsel eine Menge Zeit im Spiel verbringen. Es wirkt zu keiner Zeit wirklich überfordernd, was das Spiel für Leute interessant macht, die etwas abschalten wollen und auf wenig Rumgeballer stehen. Ich behaupte, dass alle Spielerinnen und Spieler des ersten Teils auch beim Zweiten gut und gern wieder zugreifen können. Allerdings dürften die Rätsel teilweise etwas schwieriger und abwechslungsreicher sein.
Mir persönlich war die Spielwelt aber nicht lebendig genug und man muss sich durch die ersten Spielstunden mühen, bis die Motivation auf einen überspringt. Außerdem hätte ich mir ein paar Gegner gewünscht, die gewillt wären, meinen Erkundungsdrang einzudämmen. Auch das hätte nichts Kompliziertes oder in stundenlange Kämpfe ausartendes sein müssen. Jedoch hätte das auch dem Grundgedanken helfen können, dass man die Welt retten muss. Ich betone aber nochmal, dass das mein persönlicher Ansatz ist und nicht der Allgemeingültige.

Flo ist ein Spieler durch und durch. Egal, ob Karten-, Brettspiele oder Spiele in der digitalen Welt – alle sind ihm heimisch. Seine Anfänge machte er mit dem damaligen Spiel „Hugo“ oder der blauen Edition auf dem Gameboy Color. Im Jugendalter widmete er sich neben seinem sportlichen Ausgleich dem Strategiegenre, weshalb „Age of Empires 2“ oder die „Total War“-Reihe immer noch zu seinen Lieblingsspielen zählen.
Neben diversen Strategiespielen ist er auch ein großer Freund von sämtlichen kooperativen Games. Aus diesem Grund zählen wohl „7 Days to Die“ und „Dead by Daylight“ zu den am meisten gespielten Spielen überhaupt. In diesem beiden Titeln kann und konnte er auf beste Unterstützung von Maik und Gunter zählen.
Wichtig ist allerdings, dass die Spiele eine Crossplay-Funktion besitzen, da er vorwiegend auf der Playstation unterwegs ist. Der PC und die Nintendo Switch befinden sich aber auch in seinem Repertoire.