Nordhold

Nordhold

Ich muss für meinen nächsten Testbericht gestehen, dass ich dieses Mal durch Twitch geinfluenced wurde. Viele Spieletitel hat man einfach auf dem Schirm. Allerdings war es bei meinem neuesten Spiel vollkommen anders. Nordhold flog für mich völlig unterhalb meines Radars, entpuppte sich aber als echter Geheimtipp. Die Entwickler von Stunforge haben in Ihrem Erstlingswerk direkt ein Spiel geschaffen, das einen nicht mehr vom Bildschirm entlässt. 

Worum es aber in Nordhold geht sollt ihr aber jetzt erfahren.

Roguelike trifft Tower Defense

Ganz grundsätzlich befinden wir uns erst einmal in der nordischen Mythologie. Allein beim Wikingerthema hatte mich das Spiel bereits. Stellt euch also eine kleine Wikingerfestung weit entfernt von anderen Stämmen vor. Sollte jemand den Film Der 13te Krieger gesehen haben, der kann sich ungefähr vorstellen, welches Bild ich vor mir habe. Auch in Nordhold geht es – dem Film ähnlich – darum, diese Festung vor sämtlichen Horden zu verteidigen. Und wenn ich Horden sage, meine ich tatsächlich auch Horden! 

© Stunforge
Anfangs sieht noch alles harmlos aus

Die Gegnermassen greifen uns nicht alle auf einmal an, sondern in zahlreichen Wellen. Zu Beginn werden uns ein paar kleinere Banditen entgegengeworfen, die wir recht einfach an Odins Tafel beordern. Die Krux ist aber, dass es nicht bei ein paar harmlosen Banditen bleibt. Je weiter wir mit bzw. in den Wellen voran kommen, desto stärker werden die verschiedenen Gegnertypen. Die Entwickler bedienen sich dabei nicht nur an der Realität, sondern bringen auch ein paar Fantasyaspekte mit hinein. Das ist auch clever, da dadurch die Tür für Abwechslungsreichtum weit aufgestoßen wird. Was uns hier genau erwartet werde ich in einem späteren Abschnitt genauer beleuchten. 

Denn eines fehlt im Grundprinzip nämlich noch – und zwar die Frage danach, wie ich meine Festung überhaupt verteidigen kann? Dafür nutzt Stunforge den zweiten großen Eckpfeiler namens Tower Defense. Wir können aus insgesamt acht Türmen auswählen, um den Feinden Einhalt zu gebieten. Jeder Turm bringt seine eigenen Merkmale mit, anhand dessen man geniale Kombinationen oder massiven Schaden erstellen kann. 

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Die derzeit zur Auswahl stehenden Türme

Man kann jedoch nicht so viele Türme setzen, wie man Lust hat. Denn jeder Turmtyp kostet uns Ressourcen, die wir aufbringen müssen, um diesen platzieren zu dürfen. Die Rohstoffe erhalten wir dabei aus Produktionsgebäuden innerhalb unserer Burg. Wie genau der Wirtschaftszweig funktioniert erfahrt ihr ebenfalls gleich. 

Mit all den Informationen kennt ihr nun quasi den Grundstock des Spiels – Rohstoffe sammeln, Türme bauen, die eigene Burg verteidigen und im Endeffekt so viele Wellen, wie nur möglich durchzustehen. Ihr merkt also auch, dass das Spiel in eine Wirtschaftsphase und eine Kampfphase untergliedert ist. Ihr habt also genügend Zeit, euch eine passende Strategie zu überlegen, bevor die nächsten Gegner es auf eure Festung abgesehen haben.

Wirtschaftszweig mit ordentlich Tiefgang

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Wir müssen unser Dorf erstmal ausbauen.

Zum Start einer Runde beginnen wir je nach „Erfahrungsstufe“ bzw. Spielfortschritt erstmal mit dem Hauptgebäude, einem Haus, der Palisade und einem Holzfällerlager. Achtung kleiner Spoiler an dieser Stelle, aber bei den drei Gebäuden wird es nicht bleiben. Je öfter man spielt und je weiter man kommt, desto eher schaltet man neue Gebäude frei. Diese helfen, noch ein paar Wellen mehr zu schaffen. Aber erstmal eins nach dem anderen. Was können wir zu Beginn mit den Gebäuden anfangen? 

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Der Sitz unserer Macht

Das Hauptgebäude stellt im Spiel den zentralen Punkt innerhalb unserer Festung dar. Hier wird gefeiert und das Met läuft in Strömen. Okay gut, zumindest könnte man sich das vorstellen. Das verkappte Langhaus dient uns eher als Stätte für Upgrades. Hier können wir nicht nur unsere Wirtschaft verbessern, sondern auch die Lebenspunkte unserer Palisade. 

Das Haus und später die Häuser beherbergen unsere Arbeiter – wer hätte das wohl gedacht. Ohne die arbeitende Bevölkerung wird unser Wikingerdorf nicht lange standhalten können. Sie verteilen wir nämlich auf unsere Produktionsgebäude. Und siehe da, eines haben wir ja bereits! Wir stellen sofort im Holzfällerlager Holz her. Neben der Holzproduktion müssen wir auch noch für Nahrung in Form von Feldern bzw. der Mühle sorgen. Gleichzeitig benötigen wir aber noch Steine und Gold aus den Minen. Insgesamt haben wir also vier Rohstoffklassen. Es stellt sich also heraus, dass die Verteilung begrenzter Arbeitskräfte auf die vier Kategorien gar nicht so einfach ist. Strategie und Taktik sind vonnöten, um das Problem vernünftig anzugehen und eine gute Wirtschaft aufzubauen. Man wird dementsprechend immer vor die Entscheidung gesetzt, in welchen Produktionszweig man seine Arbeiter steckt. Denn die nächste Frage folgt umgehend. Baue ich eher einen Turm oder setze ich die Ressourcen anderweitig ein? In Kombination mit den immer stärker werdenden Gegnerwellen kann man ganz schnell auch mal die falsche Entscheidung treffen. 

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Zuweisung unserer Arbeiter in die vier Rohstoffklassen

Diese Art von Workerplacement ist super simpel, bietet aber einen unglaublichen strategischen Tiefgang, der nicht nur in solch einem kleineren Spiel funktioniert. Auch „größere“ Titel nutzen dieses Verteilsystem mittlerweile regelmäßig. Besonders hervorzuheben ist, dass einem Ursache-Wirkungszusammenhänge in Nordhold schön erklärt und dargeboten werden. Ich kann jederzeit nachvollziehen, weshalb ich gerade von einem Rohstoff zu viel und von einem anderen zu wenig habe. Gleichzeitig werden mir entsprechende Vorteile einer Aktion plausibel gemacht. Dies bringt mich optimal zu dem nächsten wichtigen Aspekt, auf den das eben genannte genauso zutrifft. 

Upgrades verstärken den Tiefgang und erhöhen den Wiederspielwert

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Rechts in rot erkennt man die dauerhaften Verbesserungen.

In Bezug auf das Hauptgebäude hatte ich erwähnt, dass man dort Upgrades kaufen kann. Wichtig zu wissen ist aber, dass es in allen Gebäuden Upgrades gibt. Das bedeutet, dass ich bspw. mein Holzfällerlager ebenfalls aufbessern kann. Besonders gelungen ist, dass es quasi zwei verschiedene Arten von Verbesserungen gibt. Einerseits wären da die Dinge, welche einem im direkten Spieldurchgang helfen sollen. Beispielsweise kann ich in der Mühle die Produktivität der Arbeiter steigern, damit ich in der Wirtschaftsphase noch mehr Nahrung zur Verfügung habe. Andererseits kann man sich für erworbene Ehre (Ehre erhält man für das Töten von Bossgegnern oder Absolvieren von Wellen) dauerhafte Verbesserungen kaufen, welche man in jedem nachfolgenden Durchlauf nutzen kann. Im Beispiel der Mühle würde ich mir mit dem Upgrade mehr Nahrung zum Start des Runs kaufen können.

Die meisten Verbesserungen kann man sogar bis auf Stufe drei stacken, wobei sich der Gold- bzw. Ehrenwert erhöht. Hat man sich im Laufe der Zeit ein paar permanente Upgrades gekauft, werden diese in den nachfolgenden Durchläufen wirklich spürbar. Bisher ist mir noch kein Upgrade untergekommen, dass keine Auswirkungen hatte. Das ist wirklich aller Ehren wert! 

Türme schaffen Sicherheit

Wie bereits erwähnt, kommt Nordhold mit insgesamt acht Türmen daher. Der einfachste Turm ist dabei derjenige, der ganz stupide Pfeile verschießt. Um diesen Turm bauen zu können benötigt man lediglich Holz. Selbst als kompletter Neueinsteiger hat man also ein Werkzeug an der Hand, mit dem man sich erst einmal verteidigen kann, um die ersten Wellen zu überstehen.

Hat man sich dann etwas eingefuchst und die ersten Schritte gemeistert, kommt man schnell an den Punkt, dass einem der Pfeilturm nicht mehr ausreicht. Ab diesem Zeitpunkt und mit etwas Ehre im Gepäck kann man sich die nachfolgenden Verteidigungsanlagen freischalten. Ich werde ich nicht jeden Turm vorstellen, da ihr selbst das Vergnügen des Entdeckens haben sollt. Meine All-Time-Favorites waren aber der Blitzturm und der Mörserturm. 

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Links der Blitzturm, rechts der Pfeilturm

Wie der Name es schon verlauten lässt, verschießt der Blitzturm entsprechend Blitze. Das coole daran ist aber, dass die elektrischen Ladungen auf mehrere Gegner überspringen. Die Anzahl an Sprüngen können mit „Bannern“ sogar erhöht werden. Banner kann man auf verschiedene Weise erhalten. Einerseits kann man sie nach bestimmten Wellen auswählen oder man sendet seine Arbeiter auf Erkundungstour. Die Stärke dieser zusätzlichen Verbesserungen skaliert auch von gewöhnlich bis legendär. Sollte man aus den zufällig präsentierten Bannern nicht das erhalten, was man gern haben möchte, kann man die Türme noch auf die Standard Art und Weise upgraden. Hierzu muss man einen spezifischen Goldwert ausgeben. Dieser kann bspw. in mehr Schaden, Reichweite oder Genauigkeit gesetzt werden. Wer aber etwas Geduld mitbringt, der hat die Möglichkeit kostenlos Upgrades durchzuführen. Die Türme Leveln quasi pro Welle bzw. getötetem Gegner, sodass der aufzubringende Goldwert von Mal zu Mal gesenkt wird. 

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Türme können nach den eigenen Wünschen spezialisiert werden.

Der Mörserturm hingegen hat eine recht geringe Feuerrate, macht dafür aber immensen Schaden. Die Besonderheit neben dem Schaden ist auch dessen Reichweite. Er bietet sich also an, in Kreuzungsbereichen oder in hinteren Bereichen der Karte platziert zu werden. Apropos Turmplatzierung. Mit jeder neuen Erkundung kommen nicht nur neue Gegner auf euch zu, ihr erhaltet außerdem ein neues Sechseck. Jedes große Sechseck besteht wiederum aus vielen Kleineren. Auf die kleineren Puzzleteil kann man dann jeweils einen Turm setzen. Aber Achtung! Hier gibt es Unterschiede. Diese liegen in der Höhe der kleineren Sechsecke. Je höher ein Feld ist, desto mehr Reichweite erhält der Turm. Nach meinem Wissensstand ist also ein Turm auf einem Viererfeld besser, als einer der sich nur auf einem Einserfeld befindet. Im späteren Verlauf kommen noch Felder mit weiteren Funktionen hinzu. 

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Je höher die Zahl, desto besser die Wahl

Helden machen den Unterschied

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Ich habe damals Olaf ausgewählt

Ab Runde fünf kann man aus drei Helden aussuchen, welche ein paar nützliche Merkmale und Fähigkeiten mitbringen. Zum Beispiel bringt einer dieser Persönlichkeiten einen bestimmten Goldwert mit und verschießt auf Tastendruck einen Feuerball. Diese Art von Fähigkeiten Gegnern Schaden zuzufügen, kann pro Welle zweimal genutzt werden. Dies kann durchaus den Unterschied machen und über Sieg oder Niederlage entscheiden. Wenn man es schafft, im Spiel voranzuschreiten, kann man selbstverständlich auch seinen Helden aufbessern. 

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Beinahe wäre die Runde für mich vorbei gewesen!

Kein Multiplayer, dafür aber indirekt Konkurrenz

Leider kann man dieses Spiel nicht mit bzw. gegen seine Freunde spielen. Das ist zwar schade, aber nicht lebensnotwendig. Dafür kann man sich aber indirekt mit Leuten aus aller Welt messen. Mit dem ersten Run landet man auf einer Bestenliste. Hier werden neben dem eigenen Namen und der Platzierung auch die maximale erreichte Welle angezeigt. Der Anreiz sich in der Platzierung zu verbessern, ist tatsächlich groß, auch wenn man lediglich ein Statistikfenster vor sich sieht. Falls man also nicht schon durch das Spiel selbst gefangen ist, dann ist man es spätestens, nachdem man seine Platzierung gesehen hat. 

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Mein Rang war zu diesem Zeitpunkt nicht nennenswert.

Technikaspekte

Auch in diesem Bereich macht Nordhold ein richtig guten Eindruck. Dieser zeichnerische Stil macht ordentlich was her. Die Figuren, Türme und Gebäude sind wirklich schön dargestellt. Ich würde mir nur wünschen, dass sich die Türme durch diverse Aufbesserungen etwas verändern. Bislang gibt es keinen Unterschied zwischen einem neugebauten Turm und einem, der bereits schon drei Aufbesserungen erfahren hat. Das ist zwar auch nicht dramatisch, aber wie cool wäre ein Turm, dessen pures Aussehen schon Angst einflößt? Eventuell ginge in diesem Bereich ja noch etwas. Eine weitere Option, über die man nachdenken könnte, wären setzbare Barrikaden. Ein solch zusätzlich verwendbares Gimmick könnte Gegnerwellen kurzzeitig blockieren und Engstellen sichern.

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Hier gehts Grimlock an die Gurgel

Ansonsten läuft das Spiel einwandfrei. Es gibt keinerlei Abbrüche, Lags oder Bugs, die in meiner bisherigen Spielzeit aufgefallen sind. Daran merkt man, dass Stunforge wirklich gute Arbeit geleistet hat.

Fazit: 9/10

Ihr habt es sicher im Verlauf des Testberichts lesen können. Ich bin sehr von Nordhold angetan. Man erhält ein Spiel mit einer recht simplen Spielmechanik. Allerdings schaffen es die Entwickler, aus dieser Einfachheit ein umfassendes und komplexes Spielerlebnis zu machen. Habt ihr einmal angefangen, wollt ihr einfach nicht mehr damit aufhören, da man auch zu den richtigen Zeitpunkten Belohnungen erhält. Hinzu kommt der spürbare Fortschritt. Es ist ein so befriedigendes Gefühl, eine Welle zu erreichen, welche man zuvor noch nie erreicht hatte. Und das Ganze motiviert ungemein. Ich selbst bin noch lange nicht am Ende der Reise angelangt und kann noch eine Menge freischalten, sodass ich schon unfassbar gespannt darauf bin, was mich noch alles erwarten wird. 

Abschließend ist es egal, ob ihr Tower Defense mögt oder nicht. Ich denke, hier kann jeder Spieler einen Blick hineinwerfen und es am Ende nicht bereuen. 

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