Kingdom Come Deliverance

Böhmisches Mittelalter statt Drachenfantasy: Mit Kingdom Come: Deliverance bringt Warhorse Studios eine realistische Ritter‑Simulation auf den PC, die auf Magie verzichtet und historisch akkurates 15. Jahrhundert bietet. Wir haben Schwert, Federkiel und Rüstung angelegt, um zu prüfen, ob das Hardcore‑Rollenspiel wirklich so gut ist, wie angepriesen.
Vom Schmiedesohn zum Ritterlehrling
Die Reise beginnt als einfacher Dorfbursche Heinrich, dessen friedliches Leben jäh von einer Invasion der Kumanen zerstört wird. Ohne Prophezeiungen oder Auserwählten‑Flair kämpft sich der Protagonist durch authentische Konflikte, politische Intrigen und knallharte Überlebensmechanik. Die Story punktet mit glaubwürdigen Figuren, dichten Dialogen und Entscheidungen, die Reputation und Quests nachhaltig verändern.
Statt Level‑Ups im Minutentakt setzt das Spiel auf natürliches Lernen: Je häufiger Heinrich Schlösser knackt, desto geschickter wird er; scheitert er, steigen Risiko und Strafe. Dieser Ansatz motiviert, erfordert aber Geduld – vor allem zu Beginn, wenn Schwertkampf und Reiten noch ungelenk wirken.

Dank der aufwendigen KI‑Zeitpläne stößt man auf Schmiede, die mittags essen, Bettler, die bei Nacht schlafen, und Wachen, die Patrouillen wechseln. Quest-Lösungen variieren entsprechend: Bestechungen funktionieren nur, wenn der Vogt nüchtern ist; ein nächtlicher Diebstahl klappt, solange die Stadtwache anderweitig beschäftigt bleibt.
Eine Schwäche bleibt die schwankende Performance. Trotz aktueller Patches verlangen große Schlachten in Ultra‑Einstellungen nach kräftiger Hardware. Auf Mittel‑Presets hält sich das Spiel jedoch stabil bei 60 fps, während Ladezeiten via SSD deutlich kürzer ausfallen als zum Launch.
Realistischer Schwertkampf & Survival‑Kniffe
Herzstück ist das anspruchsvolle Fechtsystem, das sechs Schlagrichtungen, Paraden, Riposten und Ausdauerleiste kombiniert. Wer Button‑Mashen versucht, endet mit gebrochenen Knochen. Erst sauberes Timing und gezielte Stiche durchbrechen die Verteidigung gepanzerten Gegners.
Zusätzlich fordert die Survival‑Ebene: Heinrich muss essen, schlafen und Wunden versorgen. Verdorbene Nahrung führt zu Vergiftung, während mangelnde Hygiene Preise bei Händlern erhöht – wer stinkt, zahlt drauf. Kleider tragen Schmutz‑ und Blutspuren, die sich in Bächen oder Badehäusern abwaschen lassen.

Der Charakter‑Fortschritt fühlt sich dadurch organisch an: Ein misslungener Kampf lehrt ebenso wie ein Sieg. Haben wir nach Stunden endlich das Langschwert gemeistert, ist die Befriedigung enorm – zumal jeder Levelsprung neue Perks wie verbesserte Peitschenhiebe oder schnellere Bogenschüsse freischaltet.
Negativ fällt das sperrige Inventar auf. Das Gewichtslimit sorgt für Realismus, aber „Tetris‑Management“ und unübersichtliche Listen können in langen Raubzügen nerven. Mods auf PC helfen zwar, doch ein offizieller Komfortpatch wäre wünschenswert.

Grafisch überzeugt besonders die Vegetation: Sonnenstrahlen durchdringen Wälder, Felder wehen im Wind, und nachts zeigt sich dank volumetrischem Mondschein ein nahezu fotorealistisches Panorama. NPC‑Gesichter wirken dagegen heute etwas steif, was Dialog‑Immersion leicht schmälert.
Quests, Bugs & Langzeitmotivation
Die Missionsstruktur glänzt mit Vielfalt: Von diplomatischen Streitereien über Attentate bis zu epischen Belagerungen. Viele Aufträge besitzen mehrere Lösungen – Diplomatie, Diebstahl oder offene Gewalt. Kleinere Bugs wie fehlende Trigger oder verirrte Pferde tauchen noch auf, lassen sich aber meist mit Neuladen beheben.
Mit sämtlichen Nebenquests, Jagen, Alchemie und Turnieren knackt man problemlos 80 Spielstunden. Mod‑Support plus DLC‑Erweiterungen („A Woman’s Lot“, „Band of Bastards“) verlängern das Ritterleben weiter. Spieler, die reine Action suchen, könnten am gemächlichen Tempo und Realismus abprallen.
Fazit: 8/10
Kingdom Come: Deliverance belohnt Geduldige mit einer dichten Mittelalter‑Simulation, komplexem Kampfsystem und verzweigten Quests. Trotz Performance‑Schwankungen, sperrigem Inventar und vereinzelten Bugs bleibt es eines der glaubwürdigsten Rollenspiele seiner Zeit – und auf dem PC dank Mod‑Community so lebendig wie nie.

Als typisches Kind der 90er begann Viktors Gamingleidenschaft mit der PS1 und dem N64 – die erste eigene „Konsole“ war ein lila-transparenter Gamebody Colour mit Pokémon in der gelben Edition. Von Playstation 1-4 wanderten relativ regelmäßig neue Konsolen und Spiele ins Haus, am Liebsten Titel wie Silent Hill, Haunting Ground, Final Fantasy und Kingdom Hearts, aber auch Gamecube, Wii und Switch zogen über die Jahre ein.
Erst mit dem Release der Xbox Series X wanderte er aus dem Camp Sony ab.
In den 2010ern entdecke er seine Liebe für RPG Maker-Klassiker wie Ib und The Witch’s House – denn dafür reichte der schwache Laptop noch aus. 😉 Vom ersten „großen“ Gehalt gab’s dann den ersten Gaming PC, auch wenn er heute einen entspannten Abend auf der Couch mit dem Controller in der Hand bevorzugt.
Heute faszinieren ihn die verschiedensten Titel, von „Baldur’s Gate 3“ über „Stardew Valley“, „Red Dead Redemption 2“ oder auch „Stray“. Ob Adventure, Horror, Fantasy oder Farming Sim – das Genre ist nicht wichtig, hauptsache der Spielspaß stimmt!
Wenn’s mal ein Gaming-Abend ohne PC sein soll, greift Viktor sowohl auf Pen&Paper Klassiker wie Shadowrun und DSA zurück, aber er probiert auch gerne Systeme aus, die weniger bekannt sind („One in a Million / Discworld“ oder „Wanderhome“).