Gex Trilogy

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Was Sonic the Hedgehog Anfang der 90er Jahre für Super Mario war, waren die Spiele um Gex den Gecko Mitte bis Ende der 90er für… joa, auch Super Mario. Ein „coolerer“ Gegenentwurf, der dem Klempner mit der roten Mütze eine ältere Zielgruppe abwerben sollte. Doch mit dem Film- und Fernseh-süchtigen Gex zielte Entwickler Crystal Dynamics auf ein noch wesentlich erwachseneres und vor allem (für damalige Verhältnisse) „nerdiges“ Publikum ab.

Dank cooler Gecko-Fähigkeiten zündete die Idee auch spielspaßtechnisch und brachte der Serie drei durchaus erfolgreiche Spiele ein, die bei ihrer Fanbase noch immer einen gewissen Kultstatus genießen. Seit 16. Juni ist die Trilogie auf Steam verfügbar. Ich habe direkt eingeschaltet, um zu prüfen, ob die Abenteuer des Geckos noch immer ihr Geld wert sind. Dabei bin ich noch zu einer weiteren Überzeugung gekommen.

Gex Spielauswahlbildschirm© Limited Run Games
Neben den drei Klassikern gibt es auch ein Soundtrackmenü und ein paar Interviews mit Gex Synchronsprecher in den Extras.

Worum geht’s in Gex Trilogy?

Die Handlung passt, wie bei Jump’n Runs der 90er üblich, auf einen Bierdeckel. In allen drei Teilen spielen wir den namensgebenden Gecko Gex, der gegen seinen Erzfeind Rez, einen bösartigen Roboter, kämpft. Dabei begibt sich Gex mehr oder weniger freiwillig in TV-Dimensionen, die alle auf verschiedenen Film- und Fernsehklischees basieren. Vom Horror- bis zum Agenten- oder Sci-Fi-Szenario ist alles dabei. Wie in Super Mario 64 sammeln wir dort in verschiedenen Aufgaben Fernbedienungen statt Powersterne, um neue Welten freizuschalten.

Gex Toonlevel© Limited Run Games
In vielen Leveln schmeißt sich Gex auch in passende Kostüme. In der Toonwelt geht er zum Beispiel als Bugs Bunny oder Duffy Duck Rip-Off.

Dabei macht sich Gex natürlich auch Gecko typische Fähigkeiten zunutze. Er kann mit seinem Schwanz zuschlagen oder ihn als Pogostock benutzen. Verschiedene Fliegen werden mit der Zunge geschnappt und verleihen ihm neue Energie oder zusätzliche Boni. Zu guter Letzt kann Gex auch an (vorgegebenen) Wänden kleben. Während der erste Teil der Sammlung noch als Sidescroller daherkommt, sind „Gex: Enter the Gecko“ und „Gex: Deep Cover Gecko“ 3D-Jump’n Runs im Super Mario 64 Stil. Entsprechend kommen dann noch neue Fähigkeiten wie ein Sprungkick dazu.

Zusätzlich lebt die Gex Trilogy von ihrem sarkastischen Humor. Gex haut One-Liner am laufenden Band raus, kommentiert das Geschehen oder gibt Hollywood-Anspielungen zum besten.

Was hat Gex technisch unter der Haube?

Die Gex Trilogy läuft über die Carbon Engine, deren Ziel und Zweck es ist, die originale Spielerfahrung so getreu wie möglich wiederzugeben. Das macht schon eine Meldung bei Spielstart klar. Euch erwartet also kein Remake oder „echtes“ Remaster, sondern wirklich nur eine 1zu1 Umsetzung der Spiele – entsprechend veraltet ist die Technik. Das spürt man auch zu fast jeder Sekunde. Da werden Eingaben immer mal wieder nicht 100% sauber oder gar nicht erkannt und die Kamera ist in allen drei Titeln ein Graus.

Gex klebt an wand© Limited Run Games
Wo wir wohl landen, wenn wir uns von der Plattform rechts fallen lassen? Wir wissen es nicht!

Besonders der erste Teil leidet darunter, da wir häufig einfach nicht erkennen können, wo wir hinspringen und unnötig in den Tod springen oder rennen. Dazu gesellen sich Clippingfehler und unsaubere Kollisionsabfragen. Auch der Sound ist etwas dumpf und klingt wie ein in Watte gehüllter Lautsprecher.

Ein paar Anpassungen und Zusatzfunktionen gibt es dann aber doch. Zum Beispiel können wir das Bildschirmformat frei an 16:9 anpassen und bei Bedarf mit einem CRT-Filter altes Röhrenfernseher-Feeling aufkommen lassen. Außerdem dürfen wir nun jederzeit frei speichern und bei Bedarf sogar zurückspulen. Das wirkt dem Frust bei Technik-verschuldeten Toden zumindest ein bisschen entgegen. Zu guter Letzt laufen alle drei Titel in fast 100% stabilen 60 FPS, was das Erlebnis selbst für die größten Nostalgiker zweifellos aufwertet.

Gex Deep Cover Gecko Snowboard© Limited Run Games
In Deep Cover Gecko dürfen wir auch mal aufs Snowboard steigen und freche Wichtel von der Piste schubsen.

Die Umsetzung basiert dabei auf der Playstation- und PC-Version, was den Vorteil mit sich bringt, dass Videosequenzen und Sprachausgabe enthalten sind, die in der N64-Version beide fehlten. Leider geht uns dadurch das N64 exklusive Titanic-Level durch die Lappen, das wirklich cool war und sich spielerisch abgehoben hat. Schade! Da hätte man durchaus ein bisschen schummeln dürfen.

Funktioniert Gex Trilogy noch immer?

Hach, wie gern würde ich jetzt sagen: „Ja, klar!“ Ganz so einfach ist es aber nicht. Gameplay technisch habe ich tatsächlich direkt wieder ein sehr wohliges Gefühl verspürt und eine Menge Spaß mit dem Gecko gehabt. Vor allem „Gex: Enter the Gecko“ und „Gex: Deep Cover Gecko“ fühlten sich wie ein Klassentreffen nach 25 Jahren an.

Dabei fiel mir auf, wie gut die Fähigkeiten der Echse noch heute für ein Action Jump’n Run funktionieren. Dass ich noch erstaunlich viele Passagen auswendig kannte, hat mir gezeigt, wie sehr mich persönlich vor allem Teil zwei der Trilogie geprägt hat. Die Spielbarkeit hat sich seit damals definitiv ein wenig verbessert und das Speicherfeature ist ein absoluter Segen.

Gex Enter the Gecko Oberwelt© Limited Run Games
Wie beim Vorbild gibt’s eine Oberwelt.

Leider muss aber auch der größte Fan anerkennen, dass Gex nun mal ein Produkt seiner Zeit ist. Und vieles, was in den 90ern funktioniert hat, zündet heute einfach nicht mehr. Das gilt eben besonders für eine Figur, die so sehr auf zeitgenössischen Vibe und (teils schon damals grenzwertigen) Humor baut. Viele Gags von Gex haben sich selbst überlebt und seine edgy Attitüde ist aus heutiger Sicht eigentlich nur noch zum fremdschämen. Vom überholten Frauenbild will ich gar nicht erst anfangen.

Zudem sind auch die kreativsten Level dank mangelnder Lizenzen alle nur Anspielungen auf reale Vorbilder und aus heutiger Sicht dann leider doch irgendwie billig, wenn auch spielerisch cool designt. Dahingehend ist man heutzutage schlicht verwöhnt.

Gex Stormtrooper© Limited Run Games

Auch sind manche Aspekte des Spiels schlicht nicht zu Ende gedacht. Wollen wir zum Beispiel in einem Level für eine Bonusfernbedienung 100 Gegenstände sammeln, dann können wir uns auf halbem Wege einfach sterben lassen und alle respawnten Gegner erneut besiegen, um Ihre Gegenstände zu looten, anstatt das Level wirklich gründlich zu erkunden, wie beabsichtigt. Solche Fehler finden sich dann doch noch einige im Spiel.

Fazit: 6/10

Wie viel Spaß Ihr mit der „Gex Trilogy“ haben werdet, hängt ganz davon ab, wie viel Ihr den Spielen verzeihen könnt. Das Paket zielt eindeutig auf nostalgische Fans, die schon Ende der neunziger viel Spaß mit dem grünen TV-Junkie hatten und dieses Gefühl wieder aufleben lassen möchten. Während der erste Teil leider hoffnungslos veraltet ist und neben seines Alters auch eindeutige Designschwächen aufweist, können die 3D-Abenteuer des Geckos spielerisch durchaus noch überzeugen. Wer bei der Technik ein Auge zudrückt, kann ein paar schöne Stunden mit Gex haben.

Der Humor und die Inszenierung sind leider über weite Strecken nicht sonderlich gut gealtert. Wer eine rosarote Brille mit guter Sehstärke besitzt, kann auch heute noch über einige Sprüche lachen. Überwiegend kommt alles aber ziemlich stumpf rüber und auch die Sexismus-Keule könnte man ohne große Mühe schwingen. Das muss man aushalten können.

Umso mehr bin ich jetzt überzeugt, dass der Gecko unbedingt einen modernen, neuen Teil oder tatsächlich ein Remake verdient hat! Viele Aspekte der Games, allen voran Gex‘ coole Fähigkeiten, könnten in einem zeitgemäßen Gewand wunderbar funktionieren. Da das schon bei Jump’n Run Größen wie Crash und Spyro Erfolg hatte, warum nicht auch bei einem fernsehsüchtigen Gecko? Aus dem Thema ließe sich in unserer Zeit, die mehr denn je von Medien durchdrungen ist, vielleicht sogar eine wirklich tiefgehende Handlung schaffen. Gex‘ durchaus tragischer Hintergrund gäbe das definitiv her.

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