Baten Kaitos I & II HD Remaster

Titelbild Baten Kaitos

Mit dieser HD-Collection bringt Bandai Namco zwei echte Geheimtipps aus der späten Ära des Nintendo Gamecube auf den PC. Die Rollenspiele „Baten Kaitos: Eternal Wings & the Lost Ocean“ und „Baten Kaitos Origins“ gingen schon damals einen eigensinnigen Weg, indem sie ihr Kampfsystem mit Kartenspiel-Elementen mixten. Damit waren sie quasi Vorreiter für Deckbuilding-Spiele wie Slay the Spire. Wie gut sich die beiden Exoten gehalten haben und ob sich die Sammlung für 50 Tacken auf Steam lohnt, verrate ich Euch jetzt.

Zwei himmlische Abenteuer

Baten Kaitos spielt in der fernen Zukunft einer magischen Welt, in der die Menschheit dazu gezwungen war, sich in den Himmel zurückzuziehen. Auf schwebenden Inseln leben die Menschen nun im Wolkenmeer, während ein als giftig geltender Nebel sie von der Welt unten trennt. Wir schlüpfen in die Rolle eines immateriellen Schutzgeistes, der sich den jeweiligen Protagonisten des Spiels anschließt.

Baten Kaitos Kalas fliegt in den Horizont© Bandai Namco Entertainment
In Baten Kaitos besitzen die Menschen „Schwingen des Herzens“. Kalas aus dem ersten Teil besitzt mysteriöserweise nur eine Schwinge.

In Baten Kaitos eins begleiten wir den jungen Kalas, der den Tod seines Großvaters und Bruders durch den imperialen Hauptmann Giacomo rächen will und dabei in einen Komplott gerät, den Gott der Vernichtung, Malpercio, wiederzuerwecken. Dabei wartet die Geschichte mit sympathischen Charakteren auf, die aber auch ein wenig das klassische Charakter-Einmaleins der japanischen RPGs abbilden. Die spannenden Wendungen halten dabei stets bei Laune, auch wenn der größte Twist zum Ende hin leider nur sehr halbgar aufgelöst wird.

Baten Kaitos Origins widmet sich offensichtlich der Vorgeschichte und erzählt seine Story etwas direkter und fesselnder, doch lebt vor allem durch die AHA-Momente, wenn wir die junge Version eines bekannten Charakters entdecken. Nicht nur deshalb solltet Ihr Origins definitiv erst als zweites Spielen.

Baten Kaitos Origins Sagi wird von Soldat bedroht.© Bandai Namco Entertainment
Baten Kaitos Origins fährt in der Story um den Söldner Sagi, der vom Imperium gejagt wird, etwas mehr Tempo auf.

Wie gemalt – Märchenbuchatmosphäre zum selbst spielen

Inhaltlich bleiben beide Spiele nahezu unangetastet. Die meisten Verbesserungen finden sich – HD-Remaster typisch – natürlich auf technischer und spielerischer Seite. Das Format wurde an 16:9 angepasst und die Texturen angepasst. Dank seines Aquarell-artigen Grafikstils abseits der 3D-Figuren braucht es auch gar nicht viel mehr, um Baten Kaitos ansehnlich aussehen zu lassen. Der originelle Stil ist überraschend gut gealtert und verströmt seine verträumte Atmosphäre wie eh und je. Wenn ihr dem Titel seine veralteten Charakteranimationen verzeihen könnt, dann solltet Ihr grafisch zufriedengestellt werden.

Baten Kaitos Kalas läuf durch die Zuckerbäckerstadt© Bandai Namco Entertainment
Die schönen und fantasievoll gestalteten Umgebungen sind auch heute noch wunderschön anzusehen.

Am schlechtesten kommen da noch die Rendersequenzen weg, die den Sprung ins HD-Zeitalter nicht ohne Macken überlebt haben. Sehr krisselig und mit deutlich sichtbaren Grafikfehlern sowie steifer Animation reicht einmal anschauen hier vollkommen aus. Die Zwischensequenzen im Spiel selbst finden aber nahezu ausschließlich in Echtzeitgrafik statt, weshalb dieser Punkt nicht ins Gewicht fällt.

Baten Kaitos bekommt Stützräder – aber mit billigen Schrauben.

Auch spielerisch bekommen wir ein paar Zusatzfunktionen, die sich als durchaus nützlich erweisen. So können wir zum Beispiel Kämpfe mit normalen Gegnern deaktivieren oder dafür sorgen, dass sie bereits mit einem Treffer zu Boden gehen. Zudem dürfen wir die Spielgeschwindigkeit verdoppeln oder verdreifachen. Da das Spieltempo wirklich SEHR langsam ist, kommen diese Goodies gerade recht und straffen das Erlebnis bei Bedarf.

Baten Kaitos Menü für Zusatzfeatures© Bandai Namco Entertainment
Die neuen Zusatzfunktionen sorgen für weniger Grind und beschleunigen das schöne, aber träge Gameplay bei Bedarf zumindest ein wenig.

Das Tempo der Kämpfe können wir separat ebenfalls erhöhen. Leider ist diese Funktion aufgrund des Kampfsystems wenig sinnvoll (dazu gleich mehr) und macht die Auseinandersetzungen eher unspielbar. Dennoch bieten sich die restlichen Optionen vor allem für Kenner der Originale mehr als an.

Schade ist allerdings, dass nur Teil eins mit deutschen Texten versehen ist. Wer des englischen nicht sonderlich mächtig ist, wird mit Baten Kaitos Origins wenig Spaß haben. Die Sprachausgabe ist bei beiden sogar nur auf japanisch.

Baten Kaitos Textbox. Kalas freut sich über die Beute eines Endbosses.© Bandai Namco Entertainment
Bei Baten Kaitos: Eternal Wings and the Lost Ocean bekommen wir eine schöne deutsche Übersetzung in Textform, die tolle englische Sprachausgabe der Originale fehlt aber leider in beiden Teilen.

Baten Kaitos – das Kampfsystem

Einen Löwenanteil des Spiels verbringen wir mit Kämpfen gegen verschiedene Gegner, die jederzeit Sichtbar sind, aber die oft nicht wirklich umgangen werden können. Dazu hat jeder Charakter ein eigenes Kartendeck (im Spiel „Magnusse“ genannt) zur Verfügung, das aus Waffenkarten, Verteidigungskarten und Items besteht. Sind wir an der Reihe, haben wir nur wenige Sekunden Zeit, die entsprechenden Karten aus unserer Hand auszuspielen. Dabei müssen wir nicht nur schnell entscheiden, was wir ausspielen wollen, sondern auch noch auf die verschiedenen Zahlenwerte auf den Karten achten.

Baten Kaitos Angriffsauswertung© Bandai Namco Entertainment
Nach jedem Zug werden Schaden, Resistenzen und Zahlenboni (Prize) detailliert aufgedröselt.

Diese erhöhen zum Beispiel bei aufsteigenden Werten oder demselben Wert mehrfach ausgespielt den Schaden. Die Größe der Decks und die Anzahl ausspielbarer Karten erhöhen sich mit der Stärke unserer Charaktere. Für jede gespielte Karte wird direkt eine neue nachgezogen, wir müssen also sehr schnell denken und die Situation im Sekundentakt neu bewerten. Ebenso, sobald ein Gegner angreift. Dann spielen wir Karten aus, um uns vor seinen Angriffen zu schützen, bei denen man selten genau wissen kann, wie viele er ausspielt. So setzt einen das Kampfsystem ständig unter Druck.

Baten Kaitos Kampsystem Kalas blockt einen Gegner© Bandai Namco Entertainment
Manche Feinde greifen so schnell an, dass kaum Zeit zum Nachdenken bleibt. Ein gut vorbereitetes Deck ist die halbe Miete.

Gute Karten, schlechte Karten

Deshalb macht die Erhöhung der Kampfgeschwindigkeit wenig Sinn. Trotzdem dauern die Kämpfe teils sehr lange, weil sich eine einzelne Kombo eben doch sehr ziehen kann und nicht mal eben mit ein paar kurzen Schlaganimationen abgetan ist. Vor allem Bossgegner halten dazu oft auch sehr viel aus. Das ist extra frustrierend, wenn der Boss bestimmte Resistenzen mitbringt, auf die man nicht vorbereitet wurde und das Deck nicht entsprechend angepasst hat. Dann dauert der Kampf extra lange und in seltenen Fällen steuert man unnötig zäh auf eine sichere Niederlage zu. Da hilft dann nur neu laden.

Baten Kaitos Xhela Spezialattacke© Bandai Namco Entertainment
Die Spezialangriffe lassen auch heute noch schön anzusehende Effektgewitter vom Stapel.

Abseits davon machen die Kartenkämpfe aber eine Menge Spaß, sofern man genug Zeit mitbringt und sich richtig drauf einlässt. Für Überraschungen sorgen die Karten auch abseits der Kämpfe, da sie sich auch verändern können. So kann eine Fischkarte, die uns eigentlich heilt, mit der Zeit verderben und wird dann zu einer Angriffskarte, die unserem Gegner schadet und vergiftet. Je nach Kombination unserer gespielten Karten schalten sich auch spontan versteckte Spezialangriffe frei. Neue Karten finden wir in der Spielwelt oder kaufen sie bei Händlern ein.

Baten Kaitos Origins Kampfsystem© Bandai Namco Entertainment
Baten Kaitos Origins ist noch schneller als Teil eins, da Feinde jederzeit angreifen können und nicht der Reihe nach gespielt wird.

Baten Kaitos Origins ändert das Kampsystem leicht ab und macht es zwar etwas simpler, aber meiner Meinung nach auch nochmal ein Stück chaotischer und stressiger. Zumal dort ein echtes Tutorial fehlt und wir uns alles anlesen müssen.

Fazit – 7/10

Baten Kaitos ist kein Spiel für jeden. Das Kartensystem kann eine Menge Spaß machen, doch setzt es voraus, dass Ihr wirklich Lust habt, Euch mit Euren Decks zu beschäftigen und im Spielverlauf mehrfach umzubauen. Auch das im Kern sehr langsame Gameplay in Kombination mit den doch sehr stressigen Kämpfen sind eine ungewohnte Mischung, die man erstmal begreifen und akzeptieren können muss.

Auf der Haben-Seite liefern Euch die HD-Remasters im Grunde fast alle Werkzeuge, die Ihr braucht, um Baten Kaitos wesentlich zugänglicher zu machen, als noch auf dem Gamecube. Außerdem bekommt Ihr auch mit doppelter Geschwindigkeit locker 40 bis 50 Stunden Spielspaß pro Spiel geliefert. Der zeitlos schöne Artstyle und die wendungsreichen Geschichten tun ihr Übriges. Wenn Ihr Euch auf die Eigenartigkeiten der Reihe einlassen könnt und einmal eine andere JRPG-Erfahrung wollt, dann habt Ihr hier die perfekte Gelegenheit, zwei Geheimtipps der 2000er in Ihrer besten Form nachzuholen.