„Oberstleutnant Murdoch die blaue Liga hat sich auf den Inseln vor uns eingegraben und hält wichtige Schlüsselstellungen. Sollen wir mit einem heftigen Angriff die Frontlinien durchstoßen oder lieber über die Flanken für Ablenkung sorgen?“ 

Ungefähr so könnt ihr euch eine Situation aus unserem neusten Spiel „Empire Shall Fall“ von „Weird Penguin Games“ vorstellen. Unsere Strategieecke wurde um einen weiteren Titel aufgestockt, welcher seit April 2023 für den PC und seit dem 14.03.2024 auch für Nintendo Switch erhältlich ist. Ich durfte das Spiel exklusiv unter die Lupe nehmen und ausgiebig testen. Wer sich mit mir in die Schlacht um Liberstadt begeben will, der sollte jetzt besser dran bleiben.

Story und Kampagne

Wir werden in einen bereits längere Zeit anhaltenden Krieg zwischen der „Blue League“ und dem „Black Empire“ geworfen. Beide Fraktionen sind sich entsprechend spinnefeind und versuchen die Vorherrschaft um die Großstadt „Liberstadt“ zu erringen. Storytechnisch soll es das aber auch schon gewesen sein. Der Konflikt steht im Vordergrund und das wars eigentlich auch. Natürlich gibt es über Charaktere und deren Wortwechsel noch ein wenig, was man der Story anrechnen muss. Das bleibt meiner Ansicht nach aber auch recht oberflächlich. Hier sollte man also wissen, auf was man sich einlässt. Neben den beiden Streithähnen gibt es auch noch eine Art Alienrasse, die sich in die Kämpfe einmischt. Deren Rolle hab ich aufgrund meiner bescheidenen Englischkenntnisse wohl leider nicht wirklich verstanden. Wenn es sie nicht gäbe, wäre ich wahrscheinlich auch glücklich gewesen, da sie in den Kampagnen nur wenige Male auftreten. Kurzzeitig blitzt mal ein wenig Story auf und man denkt: „In die Richtung soll es also gehen.“. Die Rede ist hier davon, dass sich die bisher Verfeindeten zusammenschließen müssen, um sich gegen die Aliens zur Wehr zu setzen. Dieser Kniff ist aber genauso schnell wieder verschwunden, wie er aufgetaucht ist. Dazu aber gleich mehr.

Black Empire Kampagne und Briefing vor jeder Mission

Neben der Einführungskampagne stehen uns im Spiel je eine Kampagne für beide Fraktionen zur Verfügung. Das bringt nicht nur spielerischen Inhalt, sondern auch eine schöne Möglichkeit beide Seiten in die Schlacht zu führen. Bei vielen anderen Genretiteln darf man ja oftmals nur die Seite des Guten spielen. Mit einer guten Handvoll Missionen pro Kampagne kommt „Empire Shall Fall“ mit einem soliden Paket für Zwischendurch daher. Diese haben eine angenehme länge, so dass sie weder zu kurz noch zu lang und ermüdend sind. Ein kleiner Spoiler an dieser Stelle. Wer es schafft, die Kampagnen durchzuspielen, auf den wartet am Ende sogar ein kleiner Bonus.

Mit diesem Wissen kann man jetzt natürlich behaupten, dass eine Umsetzung beider Kampagnen bei einem Zusammenschluss gegen die Aliens nicht funktioniert hätte. Aber es hätte sicher andere Lösungen geben können wie bspw. eine zeitliche Verschiebung der Geschehnisse.

Angenehme Rundenstrategie auf übersichtlichen Karten

Nach „Classified France `44“ ist unser neuer Titel „Empire Shall Fall“ ebenfalls ein rundenbasiertes Strategiespiel. Man zieht ganz einfach jede Einheit bestimmte Felder entlang, greift an oder nimmt Gebäude ein. Nach jedem Zug ist der Gegner an der Reihe. Das angenehme an diesem Titel ist, dass wenn man sich mal verdrückt hat, die Eingabe nicht festgelegt ist. Solange man nicht auf eine andere Einheit geht, kann man seine Eingabe zurücksetzen und erneut einen Befehl erteilen. Besonders im späteren Spielverlauf, wenn man alle Grundlagen verinnerlicht hat, passieren einem doch mal ein paar Leichtsinnsfehler. Das macht es nicht nur für Profis einfacher, sondern erleichtert auch den Einstieg für Neulinge. 

Gute Bewegungsreichweite der Rifleman, die sich im nahegelegenen Wald positionieren sollen

Die Karten sind wirklich übersichtlich und besitzen damit einen sehr kurzweiligen Charakter. Die Spielfelder gestalten sich aber nicht völlig trist, sondern besitzen Gewässer, Wälder, Gebirge oder diverse Gebäude. Die einzelnen Terraintypen geben unseren Truppen vor allem Verteidigungsboni. Meiner Meinung nach hätte dieser Bonus aber noch eine größere Rolle spielen können, um mehr taktische Vielfalt zu erreichen. Oft haben meine Infanteristen in einem Haus mit einer Verteidigung von 3 die Hälfte ihrer Lebenspunkte gegen eine Einheit des Gegners vom gleichen Typs verloren. Dieser Stand bspw. in einem Fluss mit einer Verteidigung von 0. Hier könnte der Entwickler definitiv noch etwas schrauben. Man könnte bspw. auch einbauen, dass gepanzerte Einheiten im Gebirge oder in Gebäuden anfälliger sind. Dann müsste man nämlich wirklich gut überlegen, welche Gegner man wie attackiert oder wo ich meine Truppen ihren Zug beenden lasse. 

Eine der größten Karten des Spiels

Sollten die eigenen Einheiten aber mal ins digitale Gras beißen, sollte man vorher einige Gebäude erobert haben. Diese generieren nämlich pro Runde Geld, mit dessen Hilfe man in Produktionsstätten für Nachschub sorgen kann. Das Prinzip der Gebietskontrolle und Nachschubproduktion ist wirklich gut umgesetzt worden und bietet die Möglichkeit seine Strategie auf die Mission bzw. den Gegner anzupassen. 

Denn der große Pluspunkt im Spiel ist die Einheitenvielfalt. Von diversen Infantrieeinheiten über gepanzerte Fahrzeuge bis hin zu Flugzeugen ist alles vertreten. Jede Typ hat dabei eigene Stärken und Schwächen, die es zu berücksichtigen gilt. Wirft man seinen schweren Panzer gegen eine Horde Maschinengewehrtrupps, die von Einheiten mit Raketenwerfern gedeckt werden, hilft uns die beste Panzerung nichts. Unser Tank wird schneller zerstört sein, als wir Unterstützung sagen können. 

Truppenvielfalt mit einer schönen Übersicht zu Stärken und Schwächen jeder Einheit

Auf einigen Karten befindet sich eine Menge Wasser. Anstatt mit Flugzeugen darüber zu fliegen, hätte man hier noch einige Schiffe einbauen können.

Vor jeder Mission darf man bestimmte Einheiten kleinere Upgrades zuteilen. Zum Beispiel heilt sich eine Infanterieeinheit für einen bestimmten Schadenswert, den diese ausgeteilt hat. Es ist also nicht nur wichtig die Stärken und Schwächen zu kennen, sondern auch grob die Belange der jeweiligen Mission. Damit schafft man sich eine gewisse Ausrichtung und einen eventuellen Vorteil gegenüber seinem Gegner. 

Upgrades vor jeder Schlacht

Den Abschluss dieses Abschnitts sollen die Kommandanten erledigen. Diese besitzen nämlich eigenständige Fähigkeiten, die man für entsprechende Punkte einsetzen darf. Beispielsweise kann man mit deren Hilfe Gebäude schneller einnehmen oder seine verletzten Truppen wieder heilen. Das kann das Spielgeschehen schon mal richtungsweisend beeinflussen, ist allerdings nicht overpowered. Wenn aber genügend Punkte durch das Töten gegnerischer Einheiten erhalten hat, kann man eine Fähigkeiten ständig verwenden. Ich habe diese Punkte eigentlich immer für das Heilen genutzt. Eine Begrenzung in der Anzahl der Einsatzmöglichkeiten könnte hier durchaus mal getestet werden, um Variation zu erreichen und einen dauerhaften Einsatz zu verhindern. 

Was uns nun wohl bevorsteht?

Die Technik hinter dem Spiel

Vom Gefühl haben wir eine sehr angenehme 2,5D-Grafik. Jede Einheit hat ein sehr individuelles und schön gestaltetes Design. Die „Blue League“ ist eher Rittern mit Waffen nachempfunden, wohingegen das „Black Empire“ aus Skelettkriegern besteht. Das Terrain kommt allerdings als 2D-Grafik daher und ist eher zurückhaltend. Ich bin ehrlich, ich weiß nicht genau wie ich es beschreiben soll, aber das Terrain hätte ich mir noch etwas „imposanter“ vorgestellt. Es passt klar zum ganzen Design des Spiels, wobei ich glaube, dass ein wenig mehr 3D schon sehr geholfen hätte. 

Ein weiterer großer Pluspunkt ist wirklich die Technik. In meiner gesamten Spielzeit habe ich keinerlei Spielabbrüche oder Bugs feststellen können. Es läuft wie ein Schweizer Uhrwerk. Die KI macht ebenfalls einen recht guten Eindruck und setzt einem doch schon mal zu. Ganz so einfach lässt sich eine Mission eben doch nicht beenden. 

Gelungen finde ich auch die kleinen „Zwischensequenzen“ während eines Angriffs. Darin werden die Schüsse auf den Feind und dessen Konterangriffe dargestellt sowie der Verlust des Lebensbalkens. Leider schießen aber auch alle Einheiten lediglich aufeinander. Okay wir befinden uns eben in einer eher zukunftsorientierten Zeit in der Schusswaffen das A und O sind. Wenn aber die Aliens schießen können obwohl sie designtechnisch keine Waffen haben, ist das etwas fragwürdig. An dieser Stelle hätten mir ein paar Nahkampfeinheiten inkl. deren Angriffssequenz gut gefallen.

Den Aliens geben meine Marauders ordentlich Saueres.

Multiplayerfreundliches Spiel ohne richtigen Multiplayer

Wirklich schade ist es, dass dieses Spiel keinen Onlinemultiplayer erhalten hat. Wie cool wäre es, sich mit seinem Kumpel um die Weltherrschaft zu streiten? Die Entwickler haben alle Werkzeuge eingebaut, die ein guter und simpler Multiplayer benötigt – Produktion, Einheitenvielfalt, Umgebungsbesonderheiten und strategische Vielfalt. Gut ein Multiplayer ist nicht ganz so einfach zu implementieren, das ist glaube ich jedem bewusst. Dennoch sollte der Entwickler darüber nachdenken, ob er diesen nicht zu einem späteren Zeitpunkt einbaut. Besonders, wenn er seiner Community das Erstellen eigener Karten und Szenarien ermöglicht. Und ich glaube ihr wisst genau, wie kreativ eine Community sein kann. Wie es aber in der PC Version aussieht kann ich leider nicht beurteilen, da wir ausschließlich die Nintendo Switch Variante testen durften.

Ein kleines Trostpflaster für alle Nintendo Switch Spieler gibt es aber dennoch. Ihr könnt auf einer Konsole im Skirmish-Modus gegen euren Freund oder eure Freundin antreten und auf verschiedensten Karten um die Vorherrschaft kämpfen. Das funktioniert genauso hervorragend wie die Missionen der Kampagne.

Fazit 7/10

Ihr habt es sicher während des Lesens gemerkt – eine Wertung fällt mir in diesem Test schwerer als erwartet. Einerseits ist „Empire Shall Fall“ ein richtig gutes rundenbasiertes Strategiespiel auch für Jüngere oder Genreeinsteiger. Es ist sehr einsteigerfreundlich und verzeiht auch mal kleinere Fehler. Es besitzt seinen ganz eigenen Charme und ist für gerade mal 11,99€ im Nintendo eShop zu erwerben. 

Andererseits gibt es einige Dinge, die man deutlich ausbauen oder verändern könnte. Besonders im Vergleich zum fast identischen „Advanced Wars“, welches damals bereits auf dem Game Boy gelaufen ist und am 21.04.2023 für Nintendo Switch veröffentlicht wurde, muss es sich behaupten. Hier punktet „Empire Shall Fall“ in Sachen Preis und meiner Ansicht nach schöneren Figuren. Wer allerdings Schlachten im Online Multiplayer schlagen will, wird enttäuscht und muss wohl tiefer in die Tasche greifen. 

Wer aber gerade in Genre der Rundenstrategie einsteigen will oder zur Zeit eine Überbrückung bis zum nächsten großen Hit sucht, der ist bei „Empire Shall Fall“ bestens aufgehoben. Und wer weiß, eventuell ist über einige kleinere Updates noch mehr für die Nintendo Switch Variante drin. Dann könnte dieses Spiel wirklich ein Geheimtipp werden. 

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