Spielte Videospiele, noch bevor er Fahrrad fahren konnte. Hat als einer der letzten Zivis den Gedanken an ein Medizinstudium verworfen und stattdessen „irgendwas mit Medien“ in der Weltmetropole Ilmenau im beschaulichen Thüringer Wald studiert. Über das Campus-TV schließlich den Weg eines (Video-) Redakteurs eingeschlagen und 4 Jahre lang im Esports-Bereich gearbeitet. Danach gings ins lineare Fernsehen und dann auf die andere Seite des Spektrums in die PR. Weil es ihm aber beim Thema Gaming und anderer medialer Unterhaltungskunst immer noch 24/7 in den Fingern juckt, gibt es jetzt, wann immer es die Freizeit zulässt, Reviews und Previews von ihm.
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Man mag sich vielleicht fragen, warum hier jetzt noch ein Test zu Star Wars Jedi – Survivor veröffentlicht wird. Immerhin ist der jüngste Erguss der Star Wars „Soulslite“-Reihe von Respawn Entertainment bereits Ende April 2023 erschienen. Doch das Jedi-Abenteuer hatte (vor allem auf dem PC) zu Release mit schweren technischen Problemen zu kämpfen und wurde seitdem mehrfach gepatcht. Kurz vor Abschluss des Jahres habe ich also nochmal drauf geschaut, um herauszufinden, was sich in einer weit, weit entfernten Galaxis so getan hat.
Star Wars für echte Fans und solche, die es werden wollen
Die Geschichte von Star Wars Jedi – Survivor setzt einige Zeit nach den Geschehnissen von Star Wars Jedi – Fallen Order an. Cal Kestis ist als im ganzen Imperium bekannter „Terrorist“ regelmäßig in verschiedenen Ecken der Galaxis unterwegs, um den Diktatoren in die Suppe zu spucken. Seine alten Freunde aus Fallen Order haben sich inzwischen aus verschiedenen Gründen einen anderen Lebensweg ausgesucht. Als zu Beginn des Spiels eine Mission gründlich schiefgeht, beginnt er seinen Kampf zunehmend zu hinterfragen. Als er eigentlich nur seinen alten Freund und Piloten Greez um Rat fragen will, der sich mit einer eigenen Kneipe auf dem Planeten Koboh niedergelassen hat, werden jedoch Ereignisse in Gang gesetzt, die Cal nicht nur auf die Suche nach seinen restlichen Freunden, sondern auch nach einer neuen Heimat führen – sicher vor dem Imperium.
Die Handlung von Star Wars Jedi – Survivor kommt leider nur SEHR gemächlich in Gang. Grundsätzlich müsste man die sorgfältige Charakterzeichnung eigentlich loben. Vor allem, wenn man den ersten Teil gespielt hat, wird einem hier aber eigentlich nicht mehr viel neues präsentiert. Nach und nach entspinnt sich aber eine Geschichte, die vor allem für Fans ein wahres Fest an Motiven und Handlungsfäden aus dem Star Wars Universum darstellt. Als erstes audiovisuelles Medium greift Survivor auch die Hohe Republik prominent auf, die seit 2020 zumeist in Comic oder Buchform Thema ist. All das, ohne jemals wirklich tiefes Wissen um den Star Wars Kanon vorauszusetzen. Dennoch bleibt vor allem der Mittelteil über weite Strecken leider etwas verworren. Hat man ein paar Tage lang nicht gespielt, kann man sich schon mal fragen: „Warum bin ich nochmal hier?“
Im letzten Akt feuert die Handlung dann aber tatsächlich noch einmal aus allen Blastern und macht alles Warten wieder wett. Stündliche Wendungen und Action aus dem Lehrbuch halten das Spannungsthermometer bis zum Finale auf Anschlag, während die komplette Bandbreite an Emotionen ihren Platz bekommt. Dranbleiben lohnt sich!
Ein Spielplatz voller Möglichkeiten, aber braucht die jemand?
Etwas mehr Brisanz könnten allerdings die Nebenaufgaben vertragen. Die meisten Nebenquests finden wir auf Koboh, indem wir Figuren, denen wir begegnen, für Greez‘ Bar rekrutieren. Mit zunehmendem Füllstand bekommen wir von der Belegschaft immer mehr Hinweise und Aufträge; mal mehr, mal weniger groß. Manche kommen im Verlauf der Hauptgeschichte dazu, manche wiederum durch andere Nebenquests.
Das Problem dabei: So charmant manche Figuren, wie die übermotivierte Droidendame Zee oder der kleine Taucher Skoova, auch sind – es fehlt grundsätzlich die Motivation, sich lange in der Bar aufzuhalten und sich intensiv mit den Nebenaufgaben zu beschäftigen. Deren Handlung lässt oft Potential liegen und Belohnungen sind fast immer kosmetischer Natur. Immerhin gibt es jetzt wesentlich mehr Möglichkeiten, Cal’s Äußeres anzupassen, als noch die bloßen Ponchos aus Fallen Order; ob Frisur, Bart, Hemd, Jacke oder Hose. Auch Lichtschwert und Droidenfreund BD-1 lassen sich umfangreich anpassen.
Seltener findet man auch mal ein zusätzliches Stimpack für mehr Heilung oder eine Rune, die uns Boni verschafft. Doch davon gibt es im Verlauf der Haupthandlung ebenfalls genug und ich persönlich hatte bereits früh im Spiel die perfekte Rune für mich gefunden. Das ist doppelt schade, da Cal über Stufenaufstiege einen Haufen Fähigkeiten in den Kategorien Überleben, Schwertkampf und Macht erlernen kann. In einem einzigen Spieldurchlauf ist das Freischalten aller Fähigkeiten aber quasi unmöglich. Warum nicht einfach ein paar dieser Fähigkeiten für die Quests vergeben werden, ist mir schleierhaft. Manche Kampfherausforderungen bringen einem zwar Stufenpunkte, die reichen aber oftmals nicht für eine neue Fähigkeit aus.
Aus demselben Grund konnte mich auch die im Vergleich zum Vorgänger erheblich größere Spielwelt nicht wirklich überzeugen. Vor allem Koboh ist wesentlich größer als jedes Gebiet in Jedi – Fallen Order und will zum ausgiebigen Erkunden einladen. Da Koboh aber Großteils eine staubige Einöde ist und mich die lockenden Boni, wie bereits erwähnt, nicht locken konnten, habe ich mich doch wesentlich lieber auf die Hauptgeschichte konzentriert. Für Erkundungstouren waren mir die Wege schlicht zu weit und die Umgebung zu eintönig. Auf dem Wüstenplaneten Jedah sieht es da leider nicht anders aus.
Wie sieht’s aus?
Durch die vielen, kargen Wüstengegenden bleibt leider einiges an grafischem Potential liegen. Was überhaupt nicht sein müsste, da Star Wars Jedi – Survivor, wie schon sein Vorgänger, grundsätzlich wirklich gut aussieht. Die Lichteffekte machen schon ohne aktiviertes Raytracing viel her und vor allem technische Gebiete wie Corouscant wissen zu überzeugen. Auch die Film- und Actionsequenzen zünden ab und zu echte Feuerwerke und sind stark inszeniert. Dennoch – und hier kommt der Knackpunkt – läuft das Ganze auch ein gutes dreiviertel Jahr später noch nicht ganz rund.
Ich habe auf einer Grafikarte im obersten Mittel- bis unteren High-End-Segment gespielt (Nvidia GTX 3060) und hatte trotzdem regelmäßig starke Slowdowns zu beklagen. Diese haben zwar nie die Grenze zur Unspielbarkeit überschritten, trotzdem ist das bei einem Spiel dieses Budgets nach all den Patches einfach ein Ärgernis. Zudem kommen leichte Grafikfehler dazu. Bei eingeschaltetem Raytracing etwa wurde die Beleuchtung zwar erwartungsgemäß aufgewertet, dafür schaltete sich immer ein penetrantes Flimmern um die Silhouetten von Figuren hinzu. Texturen haben, vor allem in Cutscenes, teils lächerlich spät nachgeladen (an Arbeitsspeicher oder Festplatte kann’s nicht liegen) und auch Glitches waren keine Seltenheit. Zusätzlich ist das Spiel im Verlauf der etwa 25 Stunden langen Hauptgeschichte leider bestimmt um die acht Mal abgestürzt. Davon drei Mal an derselben Stelle.
Acht Monate nach Release ist Star Wars Jedi – Survivor also zwar nicht mehr in dem desolaten Zustand wie zu Beginn, dennoch ist es auf dem PC noch lange keine technisch runde Erfahrung und wird es wohl auch leider nicht mehr werden. Dass mir diese, da bin ich ehrlich, oft anstrengenden 30 Stunden Test trotzdem viel Spaß gemacht haben, liegt zu größtem Teil am gelungenen Gameplay-Mix.
Seid noch mehr Jedi als je zuvor
Zum einen fühlt sich die Steuerung noch ein Stückchen direkter an als früher. Cal behält zudem alle seine Fähigkeiten aus dem Vorgänger. Ergänzt durch einen Zughaken ist er damit deutlich agiler unterwegs als zuvor und auch die wesentlich häufigeren Klettereinlagen spielen sich zügiger. Auch stylische Angriffe von oben auf ahnungslose Sturmtruppen sind dadurch an der Tagesordnung.
Cal erlernt jetzt bis zu fünf verschiedene Kampfstile, darf bei einem davon sogar einen Blaster zur Hand nehmen. Diese spielen sich leicht unterschiedlich und haben verschiedene Stärken und Schwächen in Kraft, Agilität und Defensive. Trotzdem hat es letztendlich absolut keine Auswirkung auf das Spielgeschehen, welche Stile (zwei auf einmal können wir ausrüsten) wir wählen. Die Gegner sind nicht anfälliger gegen bestimmte Stile und es macht keinen Sinn häufig zu wechseln, da wir sonst Gefahr laufen, Stufenpunkte zu vergeuden. Jeder Schwertkampfstil bringt nämlich einen eigenen Talentbaum mit.
Alle zu füllen ist, wie bereits erwähnt, nicht in einem Durchgang möglich. Wer sich absolut nicht mit seiner Wahl wohl fühlt, kann jedoch, gegen Ressourcenaufwand, Punkte neu verteilen. Dass die Stile, im Endeffekt, komplett beliebig und spielerisch irrelevant bleiben, bietet, im Endeffekt, auch die völlige Freiheit, zu entscheiden, wie man spielt. Es liegt am eigenen Geschmack, ob man das gutheißt oder als vertane Chance begreift. Ich persönlich hätte mir etwas mehr Konsequenz gewünscht.
An den Kämpfen hat sich dafür kaum etwas geändert. Wir nehmen es immer noch mit ganzen Gruppen von Droiden, Imperialen oder diversem Getier auf, während wir Blasterschüsse reflektieren Gegner mit der Macht zu uns heranziehen, davonschleudern oder verwirren. Ab und zu kommt es zu Duellen mit größeren Widersachern, die aber selten eine besondere Taktik erfordern. Noch immer ist gut getimtes Ausweichen und Blocken das A und O. Auch optionale Bossgegner lassen sich in der Umgebung finden.Die Qualität der Kämpfe schwankt leider mitunter stark.
Während die meisten gewöhnlichen Gegner und Bosse der Hauptgeschichte uns zu einem schön choreografierten Kampfballet mit Lichtschwertern einladen, ist der optionale Boss Oggdo etwa schlicht schlecht designt. Da die meisten seiner Angriffe nicht zu blocken sind und zudem große Reichweite haben, artet alles in wildes Wegrennen und Ausweichen aus, während man zwischendurch ein paar Stiche setzt. Der Kampf dauert unnötig lange und macht einfach zu keiner Zeit Spaß. Glücklicherweise gibt es aber nur wenige Gegner dieser Zunft.
Alle anderen Kämpfe sind immer noch eine helle Freude und besser als in Cal’s Abenteuern wurde und wird das Jedi-Feeling einfach nicht eingefangen. Der Schwertkampf und vor allem die Finisher machen Spaß und man fühlt sich schlicht und ergreifend extrem mächtig, ohne dass die Kämpfe zu leicht wären. Alle paar Begegnungen kommen immer mal wieder stärkere Kontrahenten um die Ecke, die Hochmut nur zu gerne eiskalt bestrafen.
Fazit 7/10
Eins vorweg: Würden wir hier auf einer 100er Skala Punkte vergeben, wäre das hier die höchste 79, die man sich vorstellen kann. Für eine 8/10 reicht es bei mir dann mit Jedi Survivor aber leider doch nicht. Zu groß sind immer noch die technischen Makel, die dem Spielspaß regelmäßig Schmerzen beibringen. Grundsätzlich macht die Reise mit Cal und BD-1 auch im zweiten Teil wieder richtig Laune und wurde auch an manchen Ecken verbessert. Dass die langweiligen Ponchos nun zu detaillierten Charakteranpassungen erweitert wurden, zum Beispiel. Auch die neuen Schwertstile können Spaß machen. Trotzdem lassen diese, wie viele neue Elemente, Konsequenz vermissen.
Am Ende lautet die Devise von Star Wars Jedi – Survivor: Mehr von allem bekannten in größer. Die Spielwelt fühlt sich aber für mich damit bloß künstlich aufgepumpt an, ohne ihre Größe sinnvoll zum Tragen zu bringen. Dafür wird immer noch zu beliebig zwischen verschiedenen Planeten gewechselt. Koboh und Jedah als große Hubgebiete sorgen dazwischen nur für Brüche im sonst so zügigen Spielfluss, ohne optisch oder Gameplay technisch groß zum Erkunden zu motivieren. Sich auf einen großen Planeten zu beschränken und diesen dafür interessanter zu gestalten, hätte dem Spiel meiner Meinung nach gutgetan.
Die Geschichte braucht des Weiteren viel zu lange, um richtig in Gang zu kommen. Nach einem fulminanten Auftakt passiert lange gar nichts spannendes mehr. Auch die meisten Nebenaktivitäten sind nicht mehr als beliebiges Open-World-Standard-Beiwerk. Hat IRGENDWER Lust, sich um den Garten auf dem Dach zu kümmern?!? Dazu bieten sie selten spannende Geschichten. Wir werden zum Beispiel losgeschickt, um einen Intergalaktischen DJ zu suchen. Der steht 200 Meter weiter einfach auf einer Klippe und marschiert ohne große Überredung rüber zu Greez‘ Bar. Keine Pointe. Das wars. Von einem Spiel mit solchem Namen und Budget muss da heutzutage einfach mehr kommen.
Dennoch macht der Gameplay Mix aus Kämpfen und dem Suchen nach dem richtigen Weg, zur Not mit Machteinsatz, ungebrochen Spaß. Am Ende des Tages werden hier aber für mich einige elementare Aspekte verschlimmbessert, wie man so schön sagt. Gepaart mit der schlechten grafischen Performance, ist Fallen Order für mich leider das leicht bessere Spiel. Star Wars und/oder Actionfans ohne großen Anspruch dürfen hier aber dennoch getrost zugreifen. Wartet aber im Zweifel lieber eines der Sonderangebote ab.
Spielte Videospiele, noch bevor er Fahrrad fahren konnte. Hat als einer der letzten Zivis den Gedanken an ein Medizinstudium verworfen und stattdessen "irgendwas mit Medien" in der Weltmetropole Ilmenau im beschaulichen Thüringer Wald studiert. Über das Campus-TV schließlich den Weg eines (Video-) Redakteurs eingeschlagen und 4 Jahre lang im Esports-Bereich gearbeitet. Danach gings ins lineare Fernsehen und dann auf die andere Seite des Spektrums in die PR. Weil es ihm aber beim Thema Gaming und anderer medialer Unterhaltungskunst immer noch 24/7 in den Fingern juckt, gibt es jetzt, wann immer es die Freizeit zulässt, Reviews und Previews von ihm.