Dragon Age: The Veilguard

Dragon Age: The Veilguard

Dragon Age: The Veilguard ist eine visuell beeindruckende und technisch gut umgesetzte Fortsetzung der beliebten Rollenspielreihe von BioWare. Doch trotz seiner hochglanzpolierten Fassade bleibt das Spiel inhaltlich weit hinter den Erwartungen zurück, insbesondere in Bezug auf seine Narrative und Charakterentwicklung.

Ästhetik und Technik: Ein moderner Anstrich

Von Anfang an ist deutlich, dass Veilguard in Sachen Präsentation und technische Umsetzung neue Maßstäbe setzt. Der Charaktereditor bietet eine beeindruckende Vielfalt an Anpassungsmöglichkeiten, und die Animationen, sowohl in Zwischensequenzen als auch im Gameplay, sind deutlich flüssiger als in früheren Teilen. Die oft belächelten, hölzernen Bewegungen gehören der Vergangenheit an, auch wenn es gelegentlich zu unpassenden Gesichtsausdrücken in ernsten Momenten kommt.

Looking good, Rook! Der Charaktereditor lässt uns Rook bis auf’s kleinste Detail einstellen.

Die Umgebungen sind ein visuelles Fest. Jede Region hat ihren eigenen, einzigartigen Charakter und ist voller Details, die sowohl alte als auch neue Lore geschickt einflechten. Trotz einiger recycelter Karten bleibt das Leveldesign frisch und abwechslungsreich. Veilguard vermeidet die repetitiven Schauplätze von Dragon Age II und schafft es, die Welt lebendig wirken zu lassen. Auch die technische Stabilität ist lobenswert: Keine Bugs, keine Glitches – eine Seltenheit in Spielen dieser Größenordnung.

The Crossroads – Von hier haben wir Zugriff auf alle Regionen des Spiels.

Die Enttäuschung liegt im Detail: Schwache Narrative

Leider lässt die narrative Qualität des Spiels stark zu wünschen übrig. Die Handlung knüpft zwar elegant an die Geschehnisse von Inquisition und Trespasser an, verliert sich jedoch schnell in einem überstürzten Tempo. Der Spieler hat kaum Zeit, eine Verbindung zu den Charakteren oder der Welt aufzubauen, bevor das nächste große Ereignis eintritt. Besonders enttäuschend ist die begrenzte Rolle des Protagonisten Rook. Trotz der Wahl eines Hintergrunds ist Rook charakterlich stark vordefiniert, was die Freude am Rollenspiel erheblich schmälert.

In früheren Dragon Age-Titeln hatten die Entscheidungen des Spielers echte Konsequenzen. Man konnte moralisch fragwürdige Entscheidungen treffen, Beziehungen zu Begleitern aufbauen oder zerstören und die Welt nachhaltig beeinflussen. In Veilguard hingegen bleibt fast jede Handlung ohne tiefgreifende Auswirkungen. Die Begleiter reagieren durchweg positiv auf Rooks Entscheidungen, unabhängig von deren Inhalt. Konflikte zwischen Charakteren sind selten und wirken inszeniert. Selbst tiefgreifende philosophische oder politische Differenzen lösen sich in Wohlgefallen auf, ohne dass der Spieler aktiv eingreifen muss.

Die Dialoge wirken steril und oft deplatziert. Eine Szene, in der Rook eine Fragmentierung von Mythal überzeugen soll, Gemeinschaft aufzubauen, sticht negativ hervor. Diese Szene hätte episch und bedeutungsschwer sein können, doch stattdessen fühlt es sich an, als würde man eine Bewerbung für eine wohltätige Organisation schreiben. Diese übermäßig therapierte, „sichere“ Sprache zieht sich durch das gesamte Spiel und nimmt der Geschichte jegliche Schärfe.

Begleiter und Charaktertiefe

Die Begleiter, einst das Herzstück der Serie, sind in Veilguard weit weniger überzeugend. Viele von ihnen wirken eindimensional, reduziert auf ein oder zwei hervorstechende Merkmale. Lucanis, der in den Trailern vielversprechend wirkte, spricht endlos über seine Liebe zu Kaffee, während tiefere Einblicke in seine Vergangenheit oder seine moralischen Konflikte fehlen. Nur wenige Charaktere, wie Emmrich, zeigen die für Dragon Age typische Komplexität und bieten interessante Dialoge, die Rook auch mal herausfordern.

Die Dynamik zwischen den Begleitern ist ebenso flach. Statt intensiver Streitereien oder Meinungsverschiedenheiten erleben wir lediglich harmlose Neckereien. In früheren Spielen konnten solche Konflikte zu dramatischen Entwicklungen führen, bis hin zu lebensverändernden Konsequenzen. Hier verpuffen sie in der Bedeutungslosigkeit.

Unser Team: Divers aber leider ziemlich flache Persönlichkeiten.

Lore und ungenutztes Potenzial

Veilguard hatte das Potenzial, mit seiner tiefgreifenden Lore das Universum von Dragon Age weiter auszubauen. Und tatsächlich gibt es einige interessante Enthüllungen: Die Ursprünge der Blight, die wahren Absichten der Evanuris und die Geheimnisse der Zwerge werden endlich gelüftet. Doch viele dieser Enthüllungen werden entweder hastig abgehandelt oder bleiben ohne größere Auswirkungen auf die Handlung.

Ein besonders irritierendes Beispiel ist die Erklärung, warum ein Warden wie Davrin einen Archdemon töten kann, ohne dabei selbst zu sterben. Diese bahnbrechende Enthüllung wird kaum thematisiert, obwohl sie das gesamte Verständnis der Grey Warden-Lore umkrempelt. Auch die Qunari und Venatori als Antagonisten bleiben blass, ihre Motivationen vage und unklar. Warum genau sich die Venatori alten Elfen anschließen – ein Volk, das sie traditionell als Sklaven betrachten –, bleibt ein Rätsel. Generell wurde meinem elfischen Rook kein einziges „Knife-Ear“ entgegengeworfen.

Gameplay: Schön, aber seicht

Das Kampfsystem ist eine klare Verbesserung gegenüber früheren Teilen. Die Kämpfe fühlen sich dynamisch und herausfordernd an, doch die Gegner wiederholen sich schnell. Ein großes Problem ist das Fehlen von nicht-kampforientierten Fähigkeiten. Das bedeutet, dass es kaum alternative Wege gibt, Konflikte zu lösen oder Quests zu absolvieren.

Die Rätsel im Spiel sind so einfach und repetitiv, dass sie eher störend wirken. Das Questdesign bietet wenig Abwechslung: Oft bestehen Aufgaben darin, Objekte zu sammeln oder vermisste Personen zu finden, die letztlich immer tot sind. Diese Struktur wirkt wie eine Hinterlassenschaft der ursprünglichen Live-Service-Pläne des Spiels und zieht die Spielerfahrung unnötig in die Länge.

Fazit: 6/10

Dragon Age: The Veilguard ist ein technisch beeindruckendes Spiel mit einer atemberaubenden Welt und einem stabilen Gameplay. Doch die flache narrative Struktur, die enttäuschenden Charaktere und die mangelnde Entscheidungsfreiheit machen es zu einem der schwächsten Einträge der Serie. Für neue Spieler mag es zugänglicher sein, aber für langjährige Fans, die tiefgründige Geschichten und emotionale Entscheidungen erwarten, bleibt es eine herbe Enttäuschung.